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Behandlungszentrum: Kriegstrauma: Bilder, die nicht vergehen wollen

Ein neues Traumazentrum in Berlin soll Soldaten helfen, ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten. Behandelt werden können jedoch nur jene, die sich ihre Krankheit auch eingestehen.

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Die Bundeswehr will angesichts der steigenden Zahl von traumatisierten Soldaten ein Forschungs- und Kompetenzzentrum einrichten, um Personal mit psychischen und physischen Belastungsstörungen künftig besser betreuen zu können. Wie Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Dienstag mitteilte, soll es sich bei dem Zentrum vor allem um eine militärische Einrichtung handeln. Ihr Standort soll nach Informationen des Tagesspiegels Berlin sein. Dort soll es allerdings hauptsächlich um Forschung und Diagnostik gehen; die Behandlung von Patienten soll nach wie vor „in der Fläche“, also in den Bundeswehrkrankenhäusern in Hamburg, Berlin, Koblenz, Ulm und Westerstede und den 14 fachärztlichen Untersuchungsstellen für Psychiatrie stattfinden.

Mit der Ankündigung greift Jung einem gemeinsamen Antrag der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD vor, der kommende Woche im Parlament behandelt werden soll. Die Antragsteller fordern darin neben der Schaffung eines Kompetenzzentrums zur Behandlung des sogenannten Posttraumatischen Belastungssyndroms (PTBS) unter anderem, das Thema „Psycho-Traumata“ künftig in die Ausbildungslehrgänge für militärisches Führungspersonal aufzunehmen. Überdies soll eine zentrale Ansprechstelle innerhalb der Gesundheitsdienste der Streitkräfte eingerichtet werden, die Betroffene und deren Angehörige über Hilfsangebote und Behandlungsmöglichkeiten informiert. Zudem soll die Bundeswehr psychosoziale Beratungsangebote schaffen, die PTBS-Betroffenen auch anonym und telefonisch in Anspruch genommen werden können. Am Montag hatte die ARD das Thema PTBS in dem Film „Willkommen zu Hause“ aufgegriffen.

Die Dunkelziffer liegt höher

Oppositionspolitiker begrüßten Jungs Plan. „Aufgrund der Verschärfung der Sicherheitslage in Afghanistan wird die Zahl der PTBS-Erkrankungen weiter ansteigen. Unsere Soldatinnen und Soldaten müssen sich darauf verlassen können, dass sie professionelle Hilfe bekommen“, sagte FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff. Winfried Nachtwei (Grüne) hob die Verantwortung der Politik hervor, jeden Einsatz von Soldaten „sorgsam abzuwägen“ und die Folgen dessen mitzuberücksichtigen.

In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der wegen Belastungsstörungen behandelten Soldaten nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums (BMVg) vervielfacht. 477 Fälle von PTBS registrierte die Bundeswehr in den vergangenen drei Jahren – laut BMVg eine Quote von 0,77 Prozent. Die Soldaten wurden beim Einsatz in Bosnien, Kosovo und Afghanistan Opfer von Anschlägen, erlebten Verkehrs- und Minenunfälle, kamen in Geiselhaft oder waren anderen Formen von Gewalt ausgesetzt. Die Reaktionen darauf reichen von Schlafstörungen über Depressionen bis hin zu körperlichen Beschwerden. Allerdings entspricht die Zahl der behandelten Fälle nach Einschätzung des Bundeswehrverbandes nicht der tatsächlichen Anzahl der Betroffenen. Die Angst, sich vor Kameraden zu outen sei groß, sagte Verbandssprecher Wilfried Stolze. In Staaten wie Spanien, Frankreich oder Großbritannien liege die Traumatisiertenquote bei fünf Prozent.

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