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Politik: Belastendes Material

Israel hat in Syrien Ziele bombardiert. Satellitenfotos nähren Spekulationen, dass es eine Atomanlage war

Von Hans Monath

Berlin - Neue Satellitenbilder haben den Verdacht erhärtet, wonach israelische Kampfflugzeuge Anfang September in Syrien eine Anlage für einen Nuklearreaktor nordkoreanischer Bauart bombardiert haben. Amerikanische, britische und israelische Zeitungen berichten seit Wochen, der Angriff habe einem syrischen Nuklearwaffenprogramm im Anfangsstadium gegolten, zu dem Nordkorea wichtige Bestandteile lieferte. Die Berichte basierten aber nur auf anonymen Quellen oder Analysen von Experten, die keinen Zugang zu authentischen Informationen hatten. Die israelische Regierung selbst schweigt zu demVorgang. Laut den Berichten hat Israel wichtigen Verbündeten gegenüber erklärt, es habe kurz nach der Landung eines nordkoreanischen Schiffes in Syrien den Angriff ausgeführt, weil der feindliche Nachbar ein Nuklearwaffenprogramm begonnen habe. Sofern diese Angaben zutreffen, würden sie nicht nur Syrien belasten, sondern auch die Zuverlässigkeit Nordkoreas in Nuklearfragen massiv infrage stellen.

Experten des „Institute für Science und International Security“ (Isis) haben nun Aufnahmen eines kommerziellen Satelliten ausgewertet. Sie zeigen vor dem Angriff ein würfelförmiges Gebäude am Ufer des Euphrat. Nach dem Urteil der Experten ähnelt die Struktur der Anlage stark einer nordkoreanischen Atomanlage in Yongbyon. Nach dem mutmaßlichen Angriff ist auf den Satellitenbildern zu erkennen, dass Planierraupen fast das gesamte Gelände plattgewalzt haben.

In Washington tobt nach Berichten von US-Zeitungen ein heftiger Streit zwischen den sogenannten Falken um Vizepräsident Dick Cheney und Außenministerin Condoleezza Rice, die auf stärker auf Diplomatie setzt. Die Falken drängen demnach auf Konsequenzen gegenüber Nordkorea, das kürzlich zugesagt hatte, sein Atomwaffenprogramm zu beenden.

Deutsche Experten halten es für denkbar, dass Syrien neuerdings Atomwaffen anstrebt. Zwar habe das Land bisher zur Abschreckung israelischer Angriffe auf ein umfangreiches Chemiewaffenprogramm gesetzt, sagte der Proliferationsexperte Oliver Thränert von der Stiftung Wissenschaft und Politik dem Tagesspiegel: „Man kann aber durchaus Zweifel haben, ob sich Syrien mit Blick auf ein eigenes Nuklearwaffenprogramm in jüngster Zeit nicht umentschieden hat.“

Ihre Argumente haben israelische Vertreter nach Informationen des Tagesspiegels Ende September auch mehreren deutschen Ministern erläutert – allerdings strikt vertraulich. Zu den Gesprächspartnern der Israelis gehörte demnach auch Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD). Das Auswärtige Amt nimmt dazu aber keine Stellung.

Die Anschuldigungen gegen Syrien könnten auch den alten Streit zwischen Kanzleramt und Auswärtigem Amt über die Einbindung Syriens in einen Nahost-Stabilisierungsprozess wieder beleben. Trotz Skepsis der Kanzlerin hatte Steinmeier im vergangenen Jahr versucht, auf hoher Ebene einen Gesprächsfaden mit Damaskus zu knüpfen. Aus Sicht des Auswärtigen Amtes würde ein Nuklearverdacht diese Strategie nicht hinfällig machen. Man habe sich schließlich nie der Illusion hingegeben, dass man es in Syrien mit einem einfachen Partner zu tun habe, lautet das Argument.

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