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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geben am 21.10.2015 im Kanzleramt in Berlin eine gemeinsame Pressekonferenz.

© dpa

Benjamin Netanjahu: Äußerungen zu Hitler überschatten Besuch in Berlin

Benjamin Netanjahus Besuch in Berlin ist von seinen Äußerungen überschattet, nach denen der Großmufti von Jerusalem mit Hitler kollaboriert habe.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat einem früheren Palästinenserführer Mitschuld am Holocaust vorgeworfen und damit den Nahost-Konflikt weiter angeheizt. „Der Mufti wurde ein krimineller Komplize für (SS-Chef Heinrich) Himmler und (Holocaust-Organisator Adolf) Eichmann bei der Ausführung des Holocaust“, sagte Netanjahu am Mittwoch nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. „Der Mann ist ein Kriegsverbrecher. Er ist ein Mann, der mit den Nazis kollaboriert hat.“

Die Vorwürfe machte er nur wenige Stunden vor einem Treffen mit US-Außenminister John Kerry in Berlin. Die beiden sprechen vor dem Hintergrund einer neuen Welle blutiger Gewalt im Nahen Osten miteinander. Dabei kamen seit Monatsbeginn neun Israelis und rund 50 Palästinenser ums Leben.

Merkel (CDU) rief zu einem Ende der Gewalt auf. „Wir wünschen uns, dass alle Seiten zur Deeskalation der Lage beitragen“, sagte sie. Israel habe die Verpflichtung, seine eigenen Bürger zu schützen. Dabei müsse aber die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Sicherheit und Existenz Israels seien Teil der deutschen Staatsräson, und dies werde auch so bleiben.

Historiker: "Die Figur Hitlers verkleinert"

Netanjahu hatte bereits am Dienstag gesagt, der palästinensische Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, habe Nazi-Diktator Adolf Hitler zur Ermordung der Juden in Europa angestiftet. Merkel sagte dazu, die Deutschen hätten keinen Grund ihr Geschichtsbild zu ändern. „Wir kennen die Verantwortung der Nazis für den Zivilisationsbruch der Schoah.“

Auch Netanjahu nannte Hitler als Hauptverantwortlichen für den Holocaust. „Niemand sollte das abstreiten“, sagte er. Es gebe aber viele Beweise dafür, dass der Großmufti den Holocaust unterstützt habe. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas müsse sich fragen lassen, „warum er den Mufti als Ikone der Palästinenser hochhält“.

Palästina wurde Anfang der 40er Jahre noch von der britischen Mandatsmacht verwaltet, die eine Einwanderung von Juden streng einschränkte. Im Kampf gegen die Juden hatte Al-Husseini mit Hitler zusammengearbeitet und ihn 1941 in Berlin getroffen.

Israels Oppositionsführer Izchak Herzog rief Netanjahu am Mittwoch dazu auf, seine Äußerungen zurückzuziehen. Es handele sich um eine „gefährliche Verzerrung der Geschichte, die den Holocaust trivialisiert“.

Auch der israelische Holocaust-Forscher Professor Jehuda Bauer sagte, Netanjahu habe mit seinen Worten „die Figur Hitlers verkleinert“. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Ramallah: „Netanjahu hat Hitler von seinen Verbrechen freigesprochen und die Schuld auf Amin al-Husseini abgeschoben. Auf diese Weise will er unser Volk auf eine sehr erbärmliche Weise angreifen.“

Netanjahu bezichtigte Abbas der Lüge und warf ihm vor, den Terrorismus zu fördern. „Man kann nicht den Frieden vorantreiben und den Terror unterstützen“, sagte er an die Adresse der Palästinenser. Allerdings versicherte er, dass er den Status quo auf dem Tempelberg erhalten wolle. „Wir bestätigen den Status quo, nach dem Juden, Christen und Muslime sich auf dem Tempelberg aufhalten können.“ Ein Streit um die Nutzungsrechte der Stätte, die Muslimen und Juden heilig ist, gilt mit als Auslöser der jüngste Welle der Gewalt.

Netanjahu trifft am Donnerstag zuerst Kerry und dann Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Israel und den USA wurde durch die jüngste Gewaltwelle weiter belastet. Washington hatte israelischen Sicherheitskräften „übertriebene Gewalt“ vorgeworfen und beide Seiten „terroristischer Akte“ beschuldigt. Diese Formulierung hatte das US-Außenministerium nach scharfer Kritik aus Israel dann aber abgeschwächt und das Recht Israels bekräftigt, sich zu verteidigen. (dpa)

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