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Jared Kushner mit Ehefrau Ivanka, der Tochter Donald Trumps.

© Carlos Barria / Reuters

Benjamin Netanjahu in Washington: Jared Kushner macht Trumps Israel-Politik

Trump-Schwiegersohn Jared Kushner kennt Israels Regierungschef Netanjahu seit der Kindheit. Die palästinensische Perspektive auf die Siedlungspolitik ist ihm fremd. Eine Analyse.

Angela Merkel sagt die Regierungskonsultationen mit Israels Regierungschef ab, dem Vernehmen nach nicht nur aus Terminnot, sondern aus Unbehagen über die Siedlungspolitik.

Netanjahu hat in Kushners Bett geschlafen

Parallel besucht Benjamin Netanjahu Washington. Der neue Präsident Donald Trump verlässt sich in seiner Nahostpolitik auf seinen Schwiegersohn Jared Kushner. Der kennt Israels heutigen Premierminister seit seiner Kindheit. Netanjahu war mit seinem Vater befreundet und kam privat in das Elternhaus in New Jersey. Bei einem solchen Besuch trat Jared sein Schlafzimmer an Netanjahu ab und übernachtete selbst im Keller, schreibt die "New York Times" in einem erhellenden Bericht über Kushners Bild vom Nahostkonflikt.

Trump hält große Stücke auf seinen 36-jährigen Schwiegersohn. Obwohl Kushner über keine außenpolitischen und diplomatischen Erfahrungen verfügt, preist er ihn als einen "Genius". Wenn es ihm nicht gelinge, eine Friedenslösung zwischen Israelis und Palästinensern zu verhandeln, dann werde niemand das schaffen, behauptet Trump.

Diese Vorstellung von der Lage im Nahen Osten und der Rolle, die Kushner darin spielen soll, verheißen noch unruhigere Zeiten. Die Schnittmengen zwischen der Nahostpolitik der USA und der europäischen Länder, die Verständnis für Israel zeigen, wie Deutschland oder Großbritannien, werden kleiner. Und damit auch die vereinten Einflussmöglichkeiten.

Geprägt vom Holocaust und Israels Heldenbild

Kushners Bild von der Region ist geprägt vom Holocaust, der Gründung des Staates Israel als Konsequenz aus dem Völkermord und dessen heldenhafter Behauptung in einer feindlichen Umgebung. Die Perspektive der Palästinenser fehlt in diesem Bild. Seine Erfahrungen mit der arabischen Welt beschränken sich auf Stipvisiten in Golfstaaten und Jordanien.

Kushners Vorfahren sind Juden aus Weißrussland. Viele von ihnen sind im Holocaust umgekommen. Seine Großmutter und sein Großvater entkamen unter dramatischen Umständen. Als 17-Jähriger nimmt er an einer Informationsreise für junge jüdische Amerikaner nach Auschwitz und Israel teil. Er sieht die Arbeits- und die Vernichtungslager, die Räume der Vergasung und die Krematorien. Netanjahu ist auch dabei und vermittelt den Jugendlichen seine Lehre aus der Geschichte: "Der Holocaust hätte verhindert werden können. Es wäre nicht dazu gekommen, wenn der jüdische Staat einige Jahre früher gegründet worden wäre."

Er spricht von Judäa und Samaria, nicht von besetzten Gebieten

Wie in diesem Narrativ führt die Reise weiter nach Israel, von der Stätte des Massenmords zum Ort der zionistischen Wiedergeburt: Israel. Tel Aviv. Jerusalem. Der Negev. Und in die Siedlungen auf palästinensischem Land.

Vater Kushner hat die Siedlungspolitik mit beträchtlichen Spenden unterstützt. Sohn Jared ist mit dem Siedlervokabular aufgewachsen. Die betroffenen Landstriche nennt man Judäa und Samaria, wie in der Bibel. Was ganz automatisch den jüdischen Anspruch beinhaltet. Ob zuhause in New Jersey oder nun in Israel: Jared Kushners Umgebung spricht nicht von besetzen Gebieten und UN-Flüchtlingslagern.

Palästinenser kennt er als Täter, nicht als Opfer

Auch sein Bild von den Palästinensern ist einseitig. Sie begegnen ihm als Täter, nicht als Opfer. In Kindheit und Jugend wird er mehrfach mit dem Terror und dessen Opfern konfrontiert - und dies ganz nah, obwohl er in New Jersey lebt, also eigentlich weit weg vom Konflikt. Als er in die achte Klasse geht, kommt die Schwester seiner Klassenkameradin Ilana bei einem Selbstmordanschlag im Gazastreifen ums Leben. Für die Schüler in den USA ist es fast unbegreiflich: Warum sprengt ein junger Mensch sich selbst und andere in die Luft? Und warum feiern seine Angehörigen den Mord?

1996 wird eine weitere Absolventin seiner Schule bei einem Anschlag auf einen Bus in Israel getötet. 1997, als Kushner selbst durch Israel reist, sterben zwölf Menschen bei einem Doppelanschlag auf einen Markt in Jerusalem.

Sein Bild ist authentisch und doch nur die halbe Wahrheit

Kushners Bild vom Nahostkonflikt beruht auf persönlichen Erfahrungen. Es ist authentisch und nicht ausgedacht. Aber darin fehlt das ebenso persönliche Erleben der Perspektive der anderen Seite.

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