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Alte und Kranke werden von manchen Kassen nicht gern angenommen. Das verstößt gegen das Solidarprinzip, kritisiert der Gesundheitsminister.

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Bericht des Bundesversicherungsamtes deckt auf: Krankenkassen meiden Alte und Kranke

Das Bundesversicherungsamt rügt in einem Bericht die Praxis, die manche Krankenkassen an den Tag legen, wenn es um die ihre Mitglieder geht: Ältere werden abgelehnt oder sie sollen zur Kündigung bewegt werden. Bundesgesundheitsminister Bahr rügte das Verhalten - konnte dem Bericht aber auch etwas Positives abgewinnen.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat die Krankenkassen an ihre gesetzliche Verpflichtung erinnert, jeden Menschen aufzunehmen, der aufgenommen werden will. Damit reagierte er am Mittwoch auf Kritik an etlichen Kassen, die nur junge und gesunde Kunden anlocken. „Es ist nicht in Ordnung, dass einzelne Krankenkassen versuchen, Rosinenpickerei zu betreiben“, sagte Bahr in Berlin. Die gesetzliche Krankenversicherung sei eine solidarische Versicherung und die freie Wahl der Krankenkasse ein hohes Gut.

Bahr begrüßte, dass das Bundesversicherungsamt in seinem Tätigkeitsbericht für 2012 die teils rüden Methoden einiger Kassen aufgedeckt hat, nur attraktive Neukunden zu werben. Dies zeige, dass die Aufsicht funktioniere, sagte er.

Nach dem Bericht des Bundesversicherungsamtes ist eine systematische „Risikoselektion“ bei der Anwerbung von Versicherten zu beobachten. Dadurch werde Versicherten, wie Alten und Kranken, teilweise die Tür vor der Nase zugeschlagen. So habe eine Reihe von Krankenkassen mit ihrem Vertrieb Vereinbarungen mit dem Ziel abgeschlossen, vorrangig einkommensstarke und gesunde Versicherte zu akquirieren. „Oft zahlen die Krankenkassen ihrem Vertrieb keine Prämien für das Werben von einkommensschwachen oder kranken Versicherten oder verlangen Prämien zurück, wenn die Neumitglieder höhere Krankheitskosten verursachen als erwartet“, heißt es in dem Bericht. „Hierdurch verstoßen die Krankenkassen gegen das Diskriminierungsverbot und das in der gesetzlichen Krankenversicherung zu beachtende Solidaritätsprinzip.“ Sobald die Krankenkasse im Vertrieb mit einem potenziellen Neumitglied in konkreten Kontakt tritt, ist sie verpflichtet, sämtliche Bevölkerungsgruppen gleichzubehandeln.

Das Bundesversicherungsamt nennt in seinem Bericht auch einen Fall, in dem Mitarbeiter einer Krankenkasse bei behinderten und chronisch kranken Versicherten angerufen haben, um sie zur Kündigung zu bewegen. „Die dargestellte Verfahrensweise verstößt gegen grundlegende Prinzipien des Sozialgesetzbuches und wird der Verantwortung der gesetzlichen Krankenkassen gerade auch bei der medizinischen Versorgung von behinderten und chronisch kranken Menschen nicht gerecht“, rügt die Behörde.

Eine gesetzliche Krankenkasse darf sich nicht weigern, ein neues Mitglied aufzunehmen. Wollen gesetzlich Versicherte die Kasse wechseln, beantragen sie die Aufnahme in die neue Kasse am besten schriftlich. Nach den Worten von Stefan Palmowski von der Beratungsstelle Dortmund der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UDP) sollten Versicherte, die die Kasse wechseln, sich nicht auf Diskussionen einlassen. Das gelte insbesondere, wenn die neue Kasse bei einem ersten telefonischen Kontakt vor Aufnahme Gesundheitsfragen stelle oder die Aufnahme verzögern wolle. (epd/ dpa)

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