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Politik: Bericht über BND-Spitzel wird veröffentlicht

Kontrollgremium hebt Geheimhaltung auf Schmidbauer lässt Ausschussmandat ruhen

Berlin - In der Affäre um die Beobachtung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) wird der Untersuchungsbericht für das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) weitestgehend veröffentlicht. Das teilte der PKG- Vorsitzende und CDU/CSU-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen am Dienstag nach einer Sitzung des geheim tagenden Gremiums mit. Zunächst sollten aber die Betroffenen gehört werden. Zudem machte das PKG den Weg frei für strafrechtliche Konsequenzen wegen der Weitergabe des geheimen Berichts. Laut Röttgen bat das Gremium den Bundestagspräsidenten, die Ermächtigung zur Strafverfolgung wegen Geheimnisverrats zu erteilen. Ungeachtet dessen beschloss das Vertrauensleutegremium des Bundestags- Haushaltsausschusses am Abend definitiv den BND-Umzug von Pullach bei München nach Berlin. Es entschied sich dafür, dass 1500 BND-Angehörige in Pullach bleiben und 4000 nach Berlin umziehen.

Nach dem Bericht werden nun personelle Konsequenzen gefordert – eine erste gibt es bereits. Bernd Schmidbauer, als Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt Anfang der 90er Jahre einer der zum fraglichen Zeitpunkt politisch Verantwortlichen, lässt bis zur Klärung seine Mitgliedschaft im PKG ruhen. Der FDP-Abgeordnete Jürgen Koppelin forderte den Rücktritt von BND-Präsident Ernst Uhrlau. Uhrlau selbst räumte rechtliche Verstöße seiner Behörde ein. „Wir kommen zu dem Ergebnis, dass die Vorgehensweise, die es in der Vergangenheit da gegeben hat, nicht zum Kerngeschäft des BND gehört und auch nicht zum rechtlichen Instrumentarium“, sagte er der ARD. Er habe jedoch keinerlei Anzeichen dafür, dass auch Telefone von Journalisten abgehört worden seien.

Schmidbauer begründete seinen Teilrückzug mit dem rein zeitlichen Zusammenhang: „Während meiner Zeit als Geheimdienstkoordinator (Dezember 1991 bis Oktober 1998) hatte ich keine Kenntnisse von den Vorgängen, die Gegenstand heutiger Erörterungen sind“, sagte er. Jenseits der Rückzugsforderungen bewertete die Union die Veröffentlichungen aus dem noch geheimen Bericht des Sonderermittlers als strafbaren Geheimnisverrat. Der PKG-Vorsitzende Röttgen stellte angesichts der Indiskretionen den Kontrollmechanismus insgesamt in Frage. Die bisherige Form der parlamentarischen Kontrolle könne „so nicht fortgesetzt“ werden.

Die Regierung machte klar, dass auch Militärischer und Bundesamt für Verfassungsschutz keine Journalisten mehr als Quellen nutzen dürfen. Am Freitag soll sich auf Antrag der Linksfraktion der Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit der Affäre befassen.

Einige betroffene Medien kündigten rechtliche Schritte an. Der „Stern“ fordert Akteneinsicht beim BND. Danach kämen Klagen in Frage. Das Magazin berichtete, im Sommer 2005 sei eine Vorrichtung für eine Wanze in der früheren Wohnung eines „Stern“-Mitarbeiters entdeckt worden. BND und Kanzleramt hätten aber versichert, es habe nie eine Überwachung gegeben. Der „Spiegel“ wartet nach eigenen Angaben noch ab, ob rechtliche Schritte in Frage kommen. In den BND-Akten taucht – neben vielen Berichten über „Spiegel“-Mitarbeiter – auch ein Hinweis auf ein Foto von „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust auf. „Aust sagt, er möchte das Foto erst mal sehen“, sagte ein Sprecher. Das Magazin als eines der Hauptbetroffenen sei offiziell noch gar nicht über die Beobachtung informiert worden.

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