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Politik: Berlin-CDU: Berliner Union führungslos

Nach dem überraschenden Rücktritt des langjährigen Landesvorsitzenden Eberhard Diepgen ist die Berliner CDU führungslos. Mehrere Namen sind im Gespräch.

Von Sabine Beikler

Nach dem überraschenden Rücktritt des langjährigen Landesvorsitzenden Eberhard Diepgen ist die Berliner CDU führungslos. Mehrere Namen sind im Gespräch. Die stärksten Ambitionen werden Fraktionschef Frank Steffel nachgesagt, der sich bisher aber nicht offiziell erklärt hat. Steffel, der zahlreiche Gegner in der Partei hat, schlug als Interimsvorsitzenden den Bezirksbürgermeister in Berlin-Mitte, Joachim Zeller, vor. Einen Landesvorsitzenden von außen schloss er aus. "Die Berliner CDU muss die Neuaufstellung aus eigener Kraft vollziehen. Natürlich wird uns die Bundespartei dabei gern unterstützen", sagte Steffel dem Tagesspiegel.

Der ehemalige Regierende Bürgermeister Diepgen wollte den Landesvorsitz im Mai aufgeben. Er trat jedoch am Sonnabend zurück, weil ihn die Landesvertreterversammlung der CDU auf dem Spitzenplatz der Landesliste für die Bundestagswahl durchfallen ließ. Diesen Platz bekam der stellvertretende Bundestagsfraktionschef und einstige DDR-Bürgerrechtler Günter Nooke. Der CDU-Landesvorstand will an diesem Montag zunächst einen Vizechef zum kommissarischen Parteichef bestellen. Außer Zeller könnte diese Aufgabe auch der Reinickendorfer Bürgermeisterin Marlies Wanjura zufallen.

Unklar ist, ob es beim Parteitag erst im Mai bleibt und ob der gesamte Landesvorstand neu gewählt wird. Es gibt ohnehin nur noch einen Rumpfvorstand, da der Generalsekretär und der Landesschatzmeister nur kommissarisch amtieren und zwei der sieben Stellvertreter zurückgetreten sind: Klaus Landowsky im vergangenen Jahr, Dieter Hapel am Sonnabend, um den Weg zur Selbsterneuerung frei zu machen. Als Diepgen-Nachfolger sind neben Steffel auch Nooke, Zeller, die ehemaligen Senatoren Christoph Stölzl, Peter Kurth und Volker Hassemer, die stellvertretende Landes- und Fraktionsvorsitzende Monika Grütters und der frühere Parlamentspräsident Reinhard Führer im Gespräch. Hassemer, Frau Grütters und Kurth haben bisher abgewunken, Nooke hält sich bedeckt. Führer ließ Ambitionen erkennen, falls er gerufen werde.

Nooke äußerte, der Berliner CDU stünden schwere Wochen bevor. Die Partei müsse als "ernst zu nehmende Alternative" in der Stadt erst wieder aufgebaut werden. Steffel bezeichnete die Niederlage Diepgens als "historische Zäsur". In jeder Krise liege jedoch auch eine Chance, die jetzt von den "Führungskräften ergriffen werden muss". Er selbst sei als Fraktionsvorsitzender ausgelastet, "auch mit der inhaltlichen Auseinandersetzung".

Nooke wird im Wahlkampfteam von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) für die neuen Länder federführend verantwortlich sein. Das berichtete die "Märkische Oderzeitung". Unionsfraktionschef Friedrich Merz sagte dem Tagesspiegel, die Bundespartei müsse sich stärker in Berlin engagieren. "Wir haben ein hohes gesamtstaatliches Interesse daran, dass die CDU in der Hauptstadt schnell wieder auf die Beine kommt, ein handlungsfähiger politischer Akteur wird." Beobachter erwarten nach ersten Äußerungen Diepgens, dass dieser auch seine Direktkandidatur im Wahlkreis Mitte zurückgibt und damit gar nicht für den Bundestag kandidiert.

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