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Politik: Berlin offen für Taliban am Verhandlungstisch

In der Delegation bei Petersberger Konferenz? Koenigs sieht Widerspruch zu UN-Terrorliste

Berlin - Friedensverhandlungen mit den Taliban in Deutschland? Im zehnten Jahr des Afghanistaneinsatzes wird die Frage immer öfter gestellt und jetzt auch breit diskutiert. Die Bundesregierung ebnet nun den Weg dafür. Am 5. Dezember findet in Bonn die Petersberger Konferenz statt, bei der auf Ebene der Außenminister über die Zukunft Afghanistans beraten werden soll. Im jährlichen Fortschrittsbericht der Bundesregierung heißt es, dass die „die afghanische Regierung in Bonn mit einer inklusiven Delegation vertreten sein“ wird.

Ob dies bedeutet, dass auch Delegierte der Taliban an der Konferenz teilnehmen werden, wollte das Auswärtige Amt am Dienstag zwar nicht bestätigen. „Wir setzen uns für einen breiten Friedensprozess ein, der möglichst viele gesellschaftliche Gruppen umfasst“, sagte aber ein Sprecher gegenüber dem Tagesspiegel.

Bereits vor einigen Jahren war in Deutschland erwogen worden, ob Verhandlungen mit Taliban nicht doch zwingend notwendig seien. Im April 2007 hatte der damalige SPD-Chef Kurt Beck Gespräche mit „gemäßigten Taliban“ vorgeschlagen, die heutigen Koalitionäre Union und FDP lehnten dies allerdings strikt ab. Im April 2010 Jahres stärkte dann Außenminister Guido Westerwelle (FDP) dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai den Rücken. Die Bundesregierung unterstütze Verhandlungen mit den Taliban, lautete die Botschaft.

Für Gespräche bei der Petersberger Konferenz gibt es laut Fortschrittsbericht drei rote Linien, die jeder Verhandlungspartner am Ende einhalten muss: Gewaltverzicht, Absage an den internationalen Terrorismus und Anerkennung des afghanischen Verfassungsrahmens. Für die Taliban würde dies bedeuten, dass sie ihre Kampfhandlungen einstellen müssten. Auch mögliche Kontakte zum Terrornetzwerk Al Qaida müssten gekappt werden.

Tom Koenigs (Grüne), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, bezweifelt, dass Talibanvertreter im Dezember wirklich nach Bonn kommen werden. Der frühere UN-Sondergesandte für Afghanistan betonte gegenüber dem Tagesspiegel, solche Verhandlungen seien zwar unausweichlich. Ein großes Problem sei aber die Sicherheitsfrage. „Viele Spitzenleute der Taliban stehen auf den Terrorlisten der Vereinten Nationen.“ Der Abgeordnete der Grünen meinte, es sei sehr schwierig, einen Taliban von einer solchen Liste wieder zu streichen. Ein weiteres Problem liege darin, dass die Taliban kaum Leute hätten, um international auf Außenministerebene zu verhandeln.

Die Bundesregierung liegt mit ihrem Ansatz auf einer Linie mit den Partnern USA und Großbritannien. Im vergangenen Monat hatte der mittlerweile ausgeschiedene US-Verteidigungsminister Robert Gates Verhandlungen seines Landes mit den Taliban bestätigt. Am Dienstag forderte der britische Premierminister David Cameron die Taliban erneut auf, sich am politischen Prozess zu beteiligen. Nur dann könnten sie Teil der Zukunft Afghanistans sein, sagte Cameron in Kabul. Nordirland nannte er als Beispiel dafür, wie frühere Gegner zusammenfinden könnten. Der Besuch wurde vom Tod eines britischen Soldaten überschattet.

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