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Berliner Runde: Das Treffen der zahmen Elefanten

Die Berliner Runde im Fernsehen verlief diesmal ohne Eklat. Kein neuer Schröder weit und breit. Und Steinmeier übte schon Opposition.

Von Matthias Schlegel

Diesmal würde es in der Elefantenrunde nicht wieder einen solchen Eklat geben können wie an jenem 18. September 2005, als ein starrköpfiges Leittier die neuen Machtverhältnisse nicht zur Kenntnis nehmen wollte. Wir erinnern uns: Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte Herausforderin Angela Merkel als „eindeutige Verliererin der Wahl“ ausgemacht und darauf beharrt, dass sie niemals Kanzlerin in einer Koalition mit der SPD werden könne. Die Szene ging als ein Lehrbeispiel machtpolitischer Verblendung in die Wahlgeschichte ein.

Am Sonntag waren die Vorzeichen andere: Schon unmittelbar nach den ersten Prognosen von 18 Uhr hatten alle Beteiligten eingestanden, dass Union und FDP, wie angestrebt, eine Koalition bilden würden, unter Führung der alten und neuen Kanzlerin Merkel. Dass die klaren Verhältnisse aber die Brisanz aus der Fernsehrunde der fünf Spitzenkandidaten am Sonntagabend nehmen würde, war dennoch nicht zu erwarten. Schließlich waren nach vier Jahren großer Koalition und einem schaumgebremsten Wahlkampf der beiden großen Parteien erstmals die Lager wieder in Kampfordnung angetreten: Union und Liberale auf der einen, Sozialdemokraten, Grüne und Linke auf der anderen Seite.

Dass die Runde dann doch so zahm über die Bühne ging, hatte wohl damit zu tun, dass sich alle noch nicht in ihre Rolle gefunden hatten, so sehr sie sich in der Wortwahl auch darum bemühten. Künftige Entscheidungen der Regierung würden nun nicht mehr sozial abgefedert, wie dies durch die Beteiligung der Sozialdemokraten bislang garantiert gewesen sei, wagte sich etwa SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier brav in Oppositionsgefilde vor. Und Angela Merkel erwartete, fast ebenso brav, dass sich doch Ex-Regierungsmitglied Steinmeier in der Opposition auch dessen erinnere, was er im Kabinett vertreten habe. Da klingt alte Verbundenheit noch nach, neue Gegnerschaft ist noch nicht gereift.

Guido Westerwelle nahm die künftige Regierungskoalition schon mal präventiv in Schutz: Man solle doch bitte nun nicht mehr Wahlkampf machen und so tun als sei Schwarz-Gelb der Teufel höchstpersönlich, mahnte er. Immerhin, dass Opposition künftig anders funktionieren könnte als bisher, deutete Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin an: Bisher hätten die einen gesagt, privat geht vor Staat, die anderen, Staat gehe vor privat, und die Grünen hätten für einen Mix gestanden. Künftig aber sei eine andere Situation: „Es wird klarer definierte Auseinandersetzungen mit der Regierung geben.“

Da klang sie an, die neue strategische Lagerbildung. Sie könnte auf den Oppositionsbänken auch zu einem Überbietungswettbewerb insbesondere zwischen SPD und Linkspartei führen. Davon will Linksfraktionschef Oskar Lafontaine zwar noch nichts wissen. Immerhin erinnert er schon mal daran, dass mancher Vorschlag der Linken als eigene Vorlage bei anderen Parteien wieder auftauchte. Verbindendes Element ist vorläufig vor allem der Zweifel an der These von Schwarz-Gelb, dass mit Steuersenkungen Wachstum generiert werden könne.

Im Vorgefühl ihrer neuen Rolle als Regierungspartner sagten Merkel und Westerwelle zu möglichen Reibungspunkten erst einmal – nichts. Etwa als Westerwelle danach gefragt wurde, wie er denn mit dem im Wahlkampf von der FDP als Koalitionshindernis genannten Gesundheitsfonds umzugehen gedenke. Das werde er doch jetzt nicht ausbreiten, das bleibe den Koalitionsverhandlungen vorbehalten.

Ach ja, CSU-Spitzenkandidat Peter Ramsauer war auch noch da, zugeschaltet aus München. Er handelte sich einen deutlichen Rüffel von Westerwelle ein, als er von „Leihstimmen“ für die FDP sprach, die der CSU gefehlt hätten. So richtig kuschelig ist es in der künftigen Koalition auch noch nicht.

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