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Hinter der Glasscheibe. Die mutmaßliche Terrorhelferin Filiz G. vor Gericht.

© dapd

Berliner Terrorprozess: Gummibärchen für den Heiligen Krieg

Im Berliner Terrorprozess liefert die Ehefrau des verurteilten Anführers der Sauerlandgruppe ein bizarres Geständnis ab.

Von Frank Jansen

Neben den schrecklichen Videos von Selbstmordanschlägen und Kindern im Waffentraining gibt es in diesem Prozess auch Momente bizarrer Komik. Die Terrorszene im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, so lässt es die Aussage der Angeklagten Filiz G. vermuten, leidet nicht nur unter dem Beschuss aus US-Drohnen, sondern auch unter einem Mangel an Süßigkeiten. Sie habe auf die Bitte einer „deutschen Schwester aus dem Kriegsgebiet“ hin Nussschokolade von Ritter Sport, Haribo-Konfekt und Puddingpulver besorgt, sagt Filiz G. (29) am Mittwoch dem 1. Strafsenat des Berliner Kammergerichts. Die Ehefrau des verurteilten Anführers der Sauerlandgruppe kaufte eigens gelatinefreie Gummibärchen in einem Spezialgeschäft in Ulm, da man den „Geschwistern“ in Wasiristan kein Eiweiß von Schweinen zumuten darf. Doch im Gerichtssaal lacht niemand. Der Fall Filiz G. taugt nicht für Heiterkeit.

Seit Anfang November wird gegen Filiz G. und den mitangeklagten Berliner Alican T. (21) verhandelt. Die Bundesanwaltschaft wirft beiden vor, sie hätten im Internet mit Videos um Mitglieder und Unterstützer für Al Qaida und andere Terrororganisationen geworben und diesen mit Spenden geholfen. Filiz G. und ihre Anwälte präsentierten jetzt ein Geständnis. Und die kleine Frau, wie üblich so streng verschleiert, dass vom Kopf nur die Partie zwischen Augen und Kinn zu sehen ist, redet schnell und erzählt viel.

Sie habe „eigentlich nicht gemerkt, dass ich mich radikalisieren ließ“, sagt Filiz G. Aber es geschah doch, angeblich erst nach der Verhaftung ihres Mannes Fritz im September 2007. Als Grund nennt Filiz G. „Wut und Empörung“ über die Leiden der „Unschuldigen“ im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, „ich hab ein großes Herz, ich möchte Menschen helfen“. Sie gibt zu, Videos über Selbstmordanschläge ins Internet gestellt zu haben. Auch die Spenden gesteht sie – und belastet den Mitangeklagten Alican T., er habe ebenfalls Geld geschickt. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Josef Hoch zu den Videos mit Kindern im Kampftraining sagt Filiz G., „es war mir egal, dass die an Waffen ausgebildet wurden. Hauptsache, es kümmert sich jemand um die Kinder“.

Filiz G. nannte sich im Internet „fisebilillah“, das heißt „auf dem Weg Gottes“. Den wollte sie sogar so weit gehen, dass sie selbst in Wasiristan gelandet wäre. Dazu kam es dann nicht, im Februar dieses Jahres wurde die Frau festgenommen. Dem Strafsenat möchte sie sich nun als nachdenkliche Person präsentieren: „Ich frage mich selber: Warst du das wirklich?“ Die Mienen der Richter zeigen keine Regung. Auch der Mitangeklagte Alican T. rührt sich kaum. Ob er sich zur Sache äußern wird, bleibt offen.

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