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Ukrainerinnen gegen Berlusconi. Auch Frauen der Gruppe „Femen“ protestierten am Samstag in Rom gegen Italiens Premier. Er hat in den vergangenen Jahren durch Sexpartys mit Minderjährigen und sexistische Äußerungen von sich reden gemacht. Foto: A. Solaro/AFP

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Berlusconis Zukunft: Kurz vor Schluss

Selbst Berlusconis Treue drängen ihn inzwischen zum Rücktritt – ihm könnten nur wenige Wochen bleiben

Wiederaufbau. Unter diesem Motto stand am Samstag eine Massendemonstration, mit der Italiens größte Oppositionspartei, die Sozialdemokraten des „Partito Democratico“, die Zeit nach Berlusconi einläuten wollten. Auf dem Platz vor der Lateranbasilika in Rom versammelten sich Zehntausende, um den Rücktritt des angeschlagenen Regierungschefs Berlusconi zu verlangen. Dieser ließ mitteilen, es tue ihm leid für seine Gegner: „Aber ich kämpfe weiter.“

Bei der Großdemonstration der Sozialdemokraten verzichtete Parteichef Pier Luigi Bersani auf die Forderung nach sofortigen Neuwahlen. Dies war mit Staatspräsident Giorgio Napolitano so abgesprochen und sollte dazu beitragen, „die Märkte“ nicht weiter zu verunsichern. Wie die anderen Gegner Berlusconis bekräftigte Bersani stattdessen, nötig sei eine „international vertrauenswürdige“ Übergangsregierung ohne Berlusconi; in diesem Falle seien die Sozialdemokraten willens, „wirkliche Maßnahmen zur Rettung der Nation“ mitzutragen.

Berlusconi war zuvor in einer offenbar dramatischen Nachtsitzung von den engsten Mitarbeitern zum Rücktritt gedrängt worden. Parteisekretär Angelino Alfano verwies unter anderem auf den regelrechten Wechsel zweier Parlamentsabgeordneter zur Opposition sowie auf kritische parteiinterne Strömungen, die Berlusconis Mehrheit im Parlament praktisch bereits zunichtegemacht hätten.

Ferner sind Versuche von Berlusconis Partei gescheitert, wenigstens die oppositionellen Christdemokraten zur parlamentarischen Unterstützung der Sanierungsbeschlüsse ins Boot zu holen. Die Umworbenen lehnten ab. In der Regierungskoalition wiederum lehnte sich die Lega Nord auf. Eine „Erweiterung der Mehrheit“ oder eine Übergangsregierung sei ein „Staatsstreich“.

Seinen Willen, im Amt zu verbleiben, soll Berlusconi mit dem Satz begründet haben, er könne „das Land nicht im Chaos zurücklassen“. Die nächste Bewährungsprobe steht am Dienstag im Parlament an. Da soll – ähnlich wie in bürgerlichen Vereinen zur Entlastung des Vorstands – der Rechnungsabschluss der Regierung für das Vorjahr gebilligt werden.

Als Weg für einen „ehrenvollen“ Ausstieg Berlusconis deutet sich inzwischen folgende Möglichkeit an: Im Parlament könnte der Premier – „weil Europa das so von uns verlangt“ – zu einem einstimmigen Beschluss der Sanierungsmaßnahmen drängen und gleichzeitig versprechen, nach erfolgreicher Abstimmung sein Amt in die Hände des Staatspräsidenten zurückzulegen. Das könnte bereits in wenigen Wochen geschehen, da Europa und der Internationale Währungsfonds auf rasche Beschlüsse Italiens gedrängt haben, und die ersten „Beobachter“ aus Brüssel bereits diese Woche nach Rom reisen sollen.

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