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Politik: Beruf Betreuungsassistent

Es gibt mehr Geld zur Pflege Dementer und psychisch Kranker. Fachleute fordern dafür gutes Personal

Berlin - Ob die Nachbesserung nun der Union oder der SPD zu verdanken war, ist im Nachhinein umstritten. Tatsache aber ist: Es gibt mehr Geld für Demenzkranke, als ursprünglich vorgesehen. Für die aufwendige Betreuung altersverwirrter oder psychisch kranker Menschen stehen dank Pflegereform nun auch den Heimen 200 Millionen Euro zur Verfügung. Damit könnten die Pflegekassen 3000 bis 4000 sogenannte Betreuungsassistenten finanzieren, freut sich Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) – eine Hilfe für die Kranken, aber auch eine dringend nötige Entlastung der Pflegekräfte, die sich nach den Worten der Ministerin im Heimalltag „oft wie im Hamsterrad fühlen“.

Mindestens die Hälfte der knapp 700 000 Heimbewohner habe erhöhten Betreuungsbedarf, argumentiert Ulla Schmidt. Daher sei man einen „unkonventionellen Weg gegangen“ und stelle diesen Menschen, jenseits der Pflegeschlüssel, nun zusätzliche Betreuer zur Seite - für 25 Kranke jeweils eine Kraft. Mit den Betreuungsassistenten freilich betreten die Heime völliges Neuland. Bislang nämlich gibt es diesen Beruf noch gar nicht.

Entsprechend skeptisch sind die Experten. Gerade bei Demenzkranken handle es sich um einen „ganz sensiblen Bereich“, gibt Silvia Raffel, Referentin beim Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe, zu bedenken. Für deren Betreuung könne man „nicht mal eben mit Langzeitarbeitslosen aufrüsten“, sondern müsse unbedingt „Fachlichkeit sicherstellen“. Schließlich müssten die Assistenten auch mit Notfallsituationen umgehen können.

Auch der Deutsche Pflegerat warnt vor „niedrigschwelligen Personalangeboten“. Für Demenzkranke sei keineswegs nur gesunder Menschenverstand, sondern hohe fachliche Kompetenz nötig, sagte Pflegeratspräsidentin Marie-Luise Müller dem Tagesspiegel. So müsse man etwa wissen, wie man auf Weglauf-Tendenzen der Kranken reagieren und wie man ihren Aggressionen begegnen könne. „Es darf nicht darum gehen, den Demenzkranken nur jemanden beizustellen“, mahnt die Expertin. Am sinnvollsten wäre es ihrer Ansicht nach, wenn die Einrichtungen ihre Betreuungsassistenten selber ausbildeten und deren Qualifikation dann auch nachweisen müssten.

Wie die neuen Betreuungsassistenten qualifiziert sein müssen, soll bis Ende August entschieden werden. Angelehnt sein wird das Berufsbild wohl an einem bundesweiten Modellprojekt, bei dem ehrenamtliche Helfer bereits zu sogenannten Pflegebegleitern ausgebildet werden.

Auch für ambulant betreute Demenzkranke, die keiner Pflegestufe zugeordnet sind, fließt mit der Pflegereform nun erstmals Geld .Vorgesehen sind für deren Betreuung pro Monat allerdings nur bis zu 200 Euro. Nach einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie tut pflegerische und auch medizinische Hilfe dringend not. Viele Altersverwirrte würden schlecht oder gar nicht versorgt. So erhielten 55 Prozent keine Medikamente, obwohl sich damit das Fortschreiten der Krankheit verzögern lasse. Die Versorgung Demenzkranker müsse dringend verbessert werden, fordert Präsident Hans Gutzmann. Laut Forschungsministerium leiden in Deutschland rund eine Million der über 65-Jährigen an den Folgen einer Demenz. Die Zahl der Neuerkrankungen liegt bei etwa 200 000 pro Jahr. Und aufgrund des demografischen Wandels, darin sind sich Experten sicher, werde sich die Situation weiter verschärfen.

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