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Mal nachdenklich. Monatelang hat sich Markus Söder auf Bayern beschränkt. Und die CSU-Landesgruppe war froh darüber.

© picture-alliance/ dpa

Besserwisser a. D.: Markus Söder gibt im Streit mit Ärzten den Schlichter

Der CSU-Politiker Markus Söder steht für Attacke – nun hat er ein neues Vorbild: Heiner Geißler. Mit einer öffentlichen Verhandlungsrunde zwischen Kassen und Hausärzten will er an den Erfolg des Bahnschlichters andocken.

Berlin - Bundespolitisch hat sich Markus Söder rar gemacht in den vergangenen Monaten, und es hatte nicht den Anschein, als ob die CSU-Statthalter in Berlin darüber traurig gewesen wären. Zu oft hatten sie sich in der Landesgruppe Einmischungen verbeten und den Landesminister und Beauftragten von CSU-Chef Horst Seehofer für gesundheitspolitische Rempeleien dazu auffordern müssen, lieber seine „Hausaufgaben“ in Bayern zu machen.

Mag sein, dass der gewiefte Taktiker abwarten wollte, wie das machtpolitische Ringen zwischen seinem Parteichef und dem aufstrebenden Verteidigungsminister ausgeht. Mag aber auch sein, dass Söder „zu Hause“ tatsächlich zu viel um die Ohren hatte. Gesundheitspolitisch brennt die Luft in Bayern wie in keinem anderen Bundesland. Die Hausärzte rebellieren, sie drohten gar mit dem Totalausstieg. Und die einst so solide dastehende Bayern-AOK, die dem Gesundheitsfonds nun auf Richtergeheiß fast 100 Millionen Euro zurückzuzahlen hat, könnte die erste Ortskrankenkasse werden, die von ihren Mitgliedern Zusatzbeiträge erheben muss.

Da macht es sich nicht gut, bundespolitisch den Besserwisser zu geben. Söder hat es dennoch wieder versucht. Seine Forderung: Was Kassenärzte verdienen, soll wegen erwiesener Unfähigkeit der Selbstverwaltung künftig der Staat regeln. „Die Bundesregierung sollte die Rahmenbedingungen für Honorare durch Rechtsverordnung festlegen können“, sagte Söder dem „Spiegel“ und übte heftige Kritik an den Kassenärztlichen Vereinigungen. Die letzten Honorarreformen seien „völlig verkorkst“ worden, es sei zu „totalen Verwerfungen“ unter den Ärzten gekommen.

Fakt ist: Während die Mediziner anderer Regionen beim Honorar aufholten, mussten sich die vordem vergleichsweise üppig bezahlten bayerischen Ärzte mit geringen Aufschlägen begnügen. Und die Hausärzte sind zusätzlich erbost. Um besser wegzukommen, hatten sie sich lukrative Sonderverträge mit den Kassen erstritten, die ihnen vom Bund nun wieder zusammengestutzt wurden. Der große Aufstand fiel zwar in sich zusammen, das Gros der Mediziner scheute das Risiko, ohne Kassenzulassung dazustehen. Doch die Atmosphäre zwischen Bayerns Hausärzten und den Kassen ist vergiftet.

Nur aus dieser Not heraus sei Söders Vorstoß zu verstehen, sagen Christsoziale in Berlin, als eine Art „Hilferuf“. In der Sache sei die Forderung nicht nur abwegig, sie widerspreche auch dem Koalitionsvertrag. Dort stehe ausdrücklich, erinnert CSU-Experte Max Straubinger, dass man Selbstverwaltung und regionale Zuständigkeit stärken und nicht schwächen wolle. Wenn gewählte Funktionäre die Arzthonorare aushandelten, täten sie das auch unter Berücksichtigung der regionalen Versorgungssituation. „Die Politik kann das mit Sicherheit nicht besser.“

Söder habe Profilierung nötig, lästern sie in der CSU, ihm schwämmen „die Felle davon“. Beim Parteitag war der frühere Generalsekretär nicht sichtbar, gegen Kronprinz Karl Theodor zu Guttenberg hat er keine Chance. Dass dieser in Bayern kaum Ehrgeiz entwickelt, nützt Söder wenig. Längst nämlich bringen sich dort andere in Stellung. Landesfinanzminister Georg Fahrenschon etwa oder Agrarministerin Ilse Aigner, beide Kandidaten für den Vorsitz im mächtigen Bezirk Oberbayern. Und dass Söder den glücklosen Georg Schmid als Fraktionschef beerben könnte, hat Seehofer gerade erst ausgeschlossen.

Bleibt vorerst nur das große Thema Gesundheit. Söder setzt darauf, dass ihm mit der Gunst der Ärzte auch die ihrer Patienten zufällt. Und er hat ein neues Vorbild: Heiner Geißler. Mit einer öffentlichen Verhandlungsrunde zwischen Kassen und Hausärzten versucht der CSU-Politiker, an den Erfolg des Bahnschlichters anzudocken. Am 14. Januar will er die Zerstrittenen an einen Tisch bringen, und zwar vor Publikum im Landtag. Die Patienten seien die „Hinterzimmer-Tricksereien“ und gegenseitigen Schuldzuweisungen leid, sagt der Minister. Und dass die geplante Open- End-Veranstaltung neue Maßstäbe setzen werde. „Das öffentliche Hearing soll ein Beispiel für künftige Verhandlungen in der Medizin geben.“ Mit weniger gibt sich ein Markus Söder nicht zufrieden.

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