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Auch vor dem Kanzleramt gibt es Demonstrationen gegen al Sisi.

© imago/IPON

Besuch von al Sisi in Berlin: Ägypten behindert Auftritt eines Bürgerrechtlers in Berlin

Vor dem Besuch des ägyptischen Potentaten Abdel Fattah al Sisi in Berlin verhinderte Ägypten, dass ein Bürgerrechtler in Berlin auftreten darf. Menschenrechtler werfen Ägyptens Präsident Missachtung der Verfassung vor.

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Kurz vor der Ankunft des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al Sisi in Berlin belastet ein neuer Zwischenfall den ohnehin umstrittenen Staatsbesuch. Ägyptische Behörden verhinderten nach Angaben von Grünen-Politikern die Teilnahme des Bürgerrechtlers Mohamed Lofty an einer Diskussion in Berlin. Der Exekutivdirektor der Egyptian Commission for Rights and Freedoms (ECRF) wurde von Sicherheitskräften festgesetzt. Auch musste er seinen Pass abgeben.

Am Dienstagabend sollte Lofty auf Einladung der Grünen-Fraktion an einem Expertengespräch über sein Heimatland teilnehmen. „Die Repression gegenüber Mohamed Lotfy bestätigt die Warnungen aller Menschenrechtsorganisationen, die gegen die Einladung al Sisis protestiert haben“, erklärten Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und ihre Fraktionskollegin Franziska Brantner. Die ägyptische Führung erteile ihren deutschen Gastgebern damit „eine Ohrfeige“. Das Ausreiseverbot diene allein dem Zweck, „eine prominente oppositionelle Stimme daran zu hindern, über die wahren Zustände im Ägypten al Sisis zu berichten: Massenverhaftungen, Justizwillkür, Folter, die Wiedereinführung der Todesstrafe“.

An politischen Spannungen mangelt es ohnehin nicht. Die Bundesregierung kritisiert vor allem die maßlose und pauschale Hetze gegen die Muslimbrüder, regimekritische Journalisten, Demokratieaktivisten und unabhängige Gewerkschafter. Bei seinem Vorbereitungsbesuch in Kairo machte Außenminister Frank-Walter Steinmeier keinen Hehl daraus, dass ihm die gegenwärtigen Zustände in Ägypten nicht gefallen. Extremismus gedeihe dort, wo Menschen von politischer und wirtschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen seien, erklärte er. Mit militärischen und polizeilichen Mitteln allein sei der Terror nicht zu besiegen. Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte sogar demonstrativ ein Treffen mit Sisi ab – wegen der üblen Menschenrechtslage am Nil.

Menschenrechtler mobilisieren gegen den Gast aus Ägypten

Am Dienstag legten fünf global agierende Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und Human Rights Watch, nach und machten Sisi in einem offenen Brief an Merkel verantwortlich für die „schwerste Menschenrechtskrise seit Jahrzehnten“. Sie forderten die Kanzlerin auf, dem Ex-Feldmarschall klarzumachen, dass engere Beziehungen nur möglich seien, wenn Kairos Führung seine systematische Missachtung der Verfassung von 2014 und seine Verstöße gegen Menschenrechte beende.

So ist es kein Wunder, dass die ägyptische Seite in Berlin vor allem auf Kontakte zu Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und deutschen Unternehmen setzt. Am Mittwochabend spricht Sisi bei einem Empfang der Deutsch-Ägyptischen Wirtschaftskommission zu rund 120 Spitzenmanagern.

Dagegen kommt Sisi im Dauerstreit um die Konrad-Adenauer-Stiftung mit leeren Händen. Der damalige Kairoer Büroleiter der CDU-nahen Einrichtung wurde im Juni 2013 in Abwesenheit zu fünf Jahren Haft, eine Mitarbeiterin zu zwei Jahren verurteilt. Man sei sich der Bedeutung dieses Konflikts für die deutsche Seite absolut bewusst und gebe einer Lösung hohe Priorität, versuchte Ägyptens Außenminister Sameh Shoukry im Vorfeld abzuwiegeln. Die Exekutive habe verschiedene Wege eingeschlagen, um den Fall aus der Welt zu schaffen. Doch offenbar ohne Erfolg. Anders als bei dem Stiftungsstreit konnte der ägyptische Präsident, der von der Amtseinführung des als Kriegsverbrecher gesuchten sudanesischen Ewigpräsidenten Omar al Bashir in Khartum direkt nach Berlin fliegt, seiner Justiz offenbar ausreden, unmittelbar vor der Landung in Berlin-Tegel das endgültige Todesurteil gegen seinen Vorgänger Mohammed Mursi zu verkünden. Nun ist das Verdikt gegen den von Sisi im Juli 2013 gestürzten Muslimbruder auf den 16. Juni terminiert.

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