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In der kommenden Woche wird es mal wieder spannend in Griechenland.

© dpa

Besuch von Schäuble und Abstimmung über neues Sparpaket: Heiße Woche für Griechenland

Für den griechischen Ministerpräsidenten wird es heikel: Sein Parlament entscheidet über das Sparpaket und er muss Wolfgang Schäuble bei dessen Besuch milde stimmen. Eine Woche, die einmal mehr für ganz Europa entscheidend ist.

Die Villa Maximos, der Amtssitz des griechischen Ministerpräsidenten in Athen, stammt zwar aus dem Jahr 1921, hat aber eine leistungsfähige Klimaanlage. So könnte Hausherr Antonis Samaras eigentlich trotz aktueller Außentemperaturen von 36 Grad einen kühlen Kopf bewahren. Die Zeitung „Kathimerini“ aber erwartet eine „politische Hitzewelle“ im Regierungssitz. Tatsächlich kehrte auch am Wochenende keine Ruhe ein. Eine Krisensitzung folgte auf die nächste. Den Siedepunkt dürfte das politische Thermometer am Mittwoch erreichen. Dann soll das Parlament über das neue Spar- und Reformpaket abstimmen.

108 Artikel umfasst der Gesetzentwurf, der Griechenland zum Sparen bringen soll

Der im Dringlichkeitsverfahren behandelte Gesetzentwurf umfasst 108 Artikel – ein „Eilpaket mit neuen Belastungen für alle“, wie die Wirtschaftszeitung „Imerisia“ schreibt: Weniger Abzugsmöglichkeiten und größere Vorauszahlungen bei der Einkommensteuer, höhere Immobiliensteuern sowie Luxussteuern auf Autos, wobei der Luxus schon bei 1929 Kubikzentimetern Hubraum beginnt. Kontrovers sind aber vor allem die Massenentlassungen im öffentlichen Dienst: 15000 Beschäftige sollen bis Ende 2014 gehen, weitere 25000 in eine so genannte „Mobilitätsreserve“ überstellt werden, eine Art Wartezimmer zur Entlassung, die acht Monate später folgen wird.

„Die Troika-Terroristen verlangen Menschenopfer“, empört sich der radikal-linke Oppositionsführer Alexis Tsipras. Die griechischen Bürgermeister schließen aus Protest gegen den Stellenabbau am heutigen Montag und Dienstag alle Rathäuser. Für Dienstag haben die Gewerkschaften zu einem Generalstreik aufgerufen.

Mehr als ein Drittel der Griechen lebt in Armut

Zwar glaubt der Minister für Verwaltungsreform, Kyriakos Mitsotakis, „die schweigende Mehrheit“ der Griechen billige die Stellenstreichungen in der ohnehin als korrupt und ineffizient geltenden Bürokratie. Was Mitsotakis als stillschweigende Zustimmung interpretiert, ist eher Resignation. Die meisten Griechen sind mit ihren Kräften am Ende. Ein Sparpaket nach dem anderen präsentiert ihnen die Troika. Das Land rutscht ständig tiefer in die Rezession. Mehr als ein Viertel seiner Wirtschaftskraft hat es seit Beginn der Krise verloren. Die Hoffnung auf eine Rückkehr zum Wachstum 2014 scheint sich zu zerschlagen – es wäre das siebte Jahr der Rezession. Die Arbeitslosenquote steigt von Monat zu Monat, sie liegt aktuell bei 27 Prozent. Nach Berechnungen der UN leben 38 Prozent der Griechen unter der Armutsschwelle, bei den bis zu 17-jährigen sind es sogar 44 Prozent. Einer Statistik der griechischen Zentralbank zufolge sind die Bruttoeinkommen seit 2010 um 26 Prozent gefallen. Berücksichtigt man Inflation und Steuererhöhungen, haben die Griechen mehr als ein Drittel ihrer Kaufkraft verloren.

Aber die Geldgeber bleiben hart. Bis zum Freitag dieser Woche, so das Ultimatum der Euro-Finanzminister, muss das Parlament das neue Paket gebilligt haben. Sonst dreht die EU den Geldhahn zu. Für Samaras wird die Abstimmung zu einer Zitterpartie. Seine Zweiparteienkoalition hat im Parlament nur eine knappe Mehrheit von 155 der 300 Mandate. Und sowohl in seiner konservativen Nea Dimokratia wie auch in der sozialistischen Pasok seines Vizepremiers und Außenministers Evangelos Venizelos gibt es heftigen Widerstand. Angesichts der Massenarbeitslosigkeit seien weitere Entlassungen unverantwortlich, sagen die Kritiker. Samaras möchte das heikle Votum so schnell wie möglich hinter sich bringen, nämlich bereits am Mittwoch. Ein Grund dafür ist, dass am Donnerstag Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in Athen erwartet wird, zu seinem ersten Besuch seit Beginn der Krise.

Samaras und sein Finanzminister Giannis Stournaras möchten den strengen Schäuble milde stimmen. Denn sie wissen: Gegen Schäuble läuft im Kreis der Euro-Finanzminister genauso wenig wie gegen Kanzlerin Angela Merkel bei den EU-Staats- und Regierungschefs. Für die Regierung ist das Votum über das Sparpaket eine Art Vertrauensabstimmung. Fällt der Gesetzentwurf durch, wäre Samaras am Ende, Neuwahlen im Herbst würden unvermeidlich. Gewinnen könnte sie der Linkspopulist Tsipras, ein griechischer Hugo Chavez, der den Schuldendienst einstellen, die Kreditverträge kündigen und große Teile der Wirtschaft verstaatlichen will. Kommt es dazu, wäre die Euro-Krise wieder da – nicht nur in Griechenland.

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