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Politik: "Betreuung vor Kindergeld"

In der Debatte über eine kinderfreundliche Gesellschaft hat sich die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Renate Schmidt dafür ausgesprochen, dem Ausbau des Betreuungsangebotes Vorrang zu geben vor einer erneuten Erhöhung des Kindergeldes. Im europäischen Vergleich sei die Betreuungssituation in Deutschland "beschämend schlecht", sagte die Vorsitzende des SPD-Forums Familie.

Von Hans Monath

In der Debatte über eine kinderfreundliche Gesellschaft hat sich die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Renate Schmidt dafür ausgesprochen, dem Ausbau des Betreuungsangebotes Vorrang zu geben vor einer erneuten Erhöhung des Kindergeldes. Im europäischen Vergleich sei die Betreuungssituation in Deutschland "beschämend schlecht", sagte die Vorsitzende des SPD-Forums Familie. Die Länder und Kommunen, die für Schulen und Kindertagesstätten zuständig sind, müssten im Interesse der Vereinbarkeit von Beruf und Familie "neue Prioritäten setzen", forderte Schmidt.

Nach Meinung von Renate Schmidt zeigt der Ausbau der Ganztageschulen in Rheinland-Pfalz, dass Landesregierungen in der Familienpolitik auch ohne direkte Hilfe des Bundes wichtige Fortschritte machen können. Wie die Mainzer Landesministerin für Bildung, Frauen und Jugend, Doris Ahnen (SPD) berichtete, sollen in Rheinland-Pfalz in den kommenden vier Jahren zunächst 300 neue Ganztagesschulen entstehen. Sie sollen eine Betreuung bis 16 Uhr ermöglichen und alle Schularten umfassen. Für diesen Ausbau des Angebots von mehr als 20 Prozent aller Schulen würden pro Jahr zusätzlich 60 Millionen Euro bereitgestellt, sagte Ahnen. Das Land übernehme die Personalkosten, für die Sachkosten und das Mittagessen kämen die kommunalen Schulträger auf.

Nach Angaben von SPD-Vizechefin Schmidt hat die Bundesregierung nicht vor, den Ländern und Kommunen für den Ausbau direkte Zuschüsse zu gewähren. Der Bund wolle aber den finanziellen Spielraum der Kommunen durch die geplante Reform der Gemeindefinanzen und eine Entlastung bei der Sozialhilfe erweitern. Das Volumen dieser Entlastung werde sich "im einstelligen Milliardenbereich" bewegen.

In Deutschland fehlt es nach Angaben von Schmidt in allen Altersgruppen an Ganztages-Plätzen. Deutschland sei in dieser Hinsicht ein "Entwicklungsland" und bilde das Schlusslicht innerhalb Europas, wobei Bayern das Schlusslicht innerhalb der Bundesländer bilde. Laut Schmidt fehlen deutschen Kindern im Verlauf ihrer Schulkarriere 25 bis 33 Prozent der Unterrichtsstunden, die Schüler in anderen westeuropäischen Ländern erhalten. Nur für fünf Prozent aller Vorschulkinder im Alter von drei bis sechs Jahren stehen in Westdeutschland laut Schmidt Plätze zur Verfügung, in Ostdeutschland für 36 Prozent. Eklatant sei der Mangel an Ganztages-Kindergartenplätzen in Westdeutschland, sagte sie.

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