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Politik: Beziehung der Nato-Partner Polen und Tschechien getrübt - Prags Militär-Abwehr nach der Wende offenbar kaum reformiert

An der Nordostflanke der Nato bahnt sich ein brisanter Konflikt zwischen zwei neuen Verbündeten an: zwischen Tschechien und Polen. Es ist eine Spionageaffäre, die hinter den Kulissen und trotz der offiziellen Beteuerungen beider Seiten, die bilateralen Beziehungen seien "überdurchschnittlich gut", seit einiger Zeit schwelt.

An der Nordostflanke der Nato bahnt sich ein brisanter Konflikt zwischen zwei neuen Verbündeten an: zwischen Tschechien und Polen. Es ist eine Spionageaffäre, die hinter den Kulissen und trotz der offiziellen Beteuerungen beider Seiten, die bilateralen Beziehungen seien "überdurchschnittlich gut", seit einiger Zeit schwelt. Jetzt rückt sie immer mehr ins Licht der Öffentlichkeit und wird für die Tschechen um so unangenehmer. So schalteten sich nun auch polnische Parlamentarier ein, die in dieser Woche in Prag versuchten, etwas Licht in die Affäre zu bringen, die von offiziellen Stellen krampfhaft heruntergespielt wird. Dennoch bestätigte Jan Litynski, Chef des polnischen Kontrollausschusses für Geheimdienste, dass man in seinem Land "gewisse Tätigkeiten beobachtete, die im Spionagezusammenhang stehen könnten."

In der polnischen Presse tauchten in vergangenen Wochen in diesem Zusammenhang Berichte über einen tschechischen Abwehroffizier auf, der vor mehr als zwei Jahren einen polnischen Kollegen angeworben habe. Für Informationen über Personalwechsel im polnischen Militär zahlte er ihm angeblich Tausende von US-Dollar. Das Geld sei damals vom polnischen Nachrichtendienst kassiert worden, denn der Angeworbene habe als Doppelagent gearbeitet. Im Sommer 1998 solle Prag sogar versucht haben, den Abwehroffizier in Polen auf dem Posten eines Militärattachés zu platzieren. Das brachte offenbar in Warschau das Fass zum Überlaufen. Der damals für die Geheimdienste zuständige tschechische Minister Jaroslav Basta beschwichtigte daraufhin die Kollegen in Polen mit der Behauptung, der Mann habe auf eigene Faust gehandelt.

Dazu meinte Litynski jetzt in Prag ausweichend, für sein Land interessierten sich "verschiedene Geheimdienste". Ob die polnischen Abgeordneten von ihren Kollegen im Prager Kontrollausschuss Genaueres über den zwielichtigen tschechischen Abwehrmann und sein weiteres Schicksal erfahren konnten, ist allerdings fraglich. Nach Angaben des Ausschussmitglieds Josef Houzak (KP) habe sich die tschechische Kontrollinstanz "nie" mit dieser Sache befasst, weil sie ihre Aufsicht über die Geheimdienste in Wirklichkeit gar nicht ausübe. Auch würden die zuständigen Kontrollausschüsse für Nachrichtendienste und Verfassungsschutz dem Parlament keine Berichte über ihre eigene Tätigkeit vorlegen.

Das wirft nun in Prag die brisante Frage auf, in welchem Ausmaß nach der Wende und besonders vor dem Nato-Beitritt der alte, sklavisch moskauhörige militärische Aufklärungs- und Abwehrdienst überhaupt umgebaut wurde - vor allem im Personalbereich. Die Verantwortlichen hüllen sich in Schweigen, die Antworten scheinen ein streng gehütetes Staatsgeheimnis zu sein.

Ludmila Rakusan

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