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Politik: „Bildung hat für uns höchste Priorität“

Die Arabischen Staaten wollen ihre Schulen reformieren

Im Jahr 1970 hat die Arabische Liga die „Organisation für Bildung, Kultur und Wissenschaft“ (Alecso) gegründet. Die Entwicklung des arabischen Bildungssystems ist ihre Hauptaufgabe. Dafür setzt die Organisation vor allem auf eine stärkere internationale Zusammenarbeit, weshalb die Alecso kürzlich auch ein Rahmenabkommen mit der Konrad Adenauer Stiftung (KAS) unterzeichnete. Laut KAS ist dieses Abkommen die erste strukturierte Zusammenarbeit zwischen einer Organisation der arabischen Liga und einer deutschen politischen Stiftung. Konkret sollen dabei Treffen von Bildungsexperten organisiert, Konferenzen und Trainings mit Lehrern zu Fragen der Wertevermittlung, politischen Bildung und zum demokratischen Bürgersinn veranstaltet sowie gemeinsame Studien durchgeführt werden. Mongi Bousnina ist Generaldirektor von Alesco. ctr

Herr Bousnina, die arabischen Länder sind mehrheitlich islamisch geprägt. Warum gerade ein Abkommen mit der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung?

Zunächst einmal sind die arabischen Länder nicht ausschließlich muslimisch. Religiöse Vielfalt und der Dialog der Kulturen haben in der arabischen Welt eine gewisse Geschichte. Eine unserer Direktorinnen ist nicht nur die erste Frau in diesem Amt, sondern auch eine palästinensische Christin. Zudem ist Adenauer für uns ein großer Name. Was er für die Einigung Europas und den Wiederaufbau Deutschlands getan hat, sehen wir als modellhaft an. Und die Stiftung, die seinen Namen trägt, ist schon seit langem in den arabischen Ländern präsent, mit etlichen Büros ebenso wie mit Programmen.

Warum der Blick nach Deutschland? Wäre nicht Spanien, das Land mit der stärksten arabischen Prägung in Europa, der geeignetste Partner?

Mit Spanien sind wir über den Mittelmeerdialog der EU durchaus verbunden. Deutschland hat aber den Vorzug, dass es keine koloniale Vergangenheit in der arabischen Welt hat. Und es will im Nahen Osten eine Rolle spielen – der Besuch der Bundeskanzlerin hat dies erst kürzlich gezeigt.

Sie haben anlässlich der Vertragsunterzeichnung auf die vielen Ursachen von Gewalt und Spannungen im arabischen Raum hingewiesen. Was ist mit den demokratischen Defiziten? Es gibt kaum demokratisch regierte arabische Staaten.

In unserem Vertrag mit der Adenauer-Stiftung steht, dass unsere Zusammenarbeit auf gemeinsamen Werten basiert. Dazu gehören ausdrücklich die Achtung der Person, der menschlichen Vielfalt, Frieden und das Bekenntnis zur demokratischen Teilhabe, zur demokratischen Bürgerschaft.

Finden das die arabischen Regierungen auch, in deren Auftrag Sie arbeiten?

Als wir im Jahr 2003 mit der Arbeit an einem Entwicklungsplan für Schulen und Hochschulen begannen, stellten wir Reformbedarf auf allen Gebieten fest: organisatorischen, demokratischen, in der Bildung und im Unterricht. Der letzte Gipfel der arabischen Staaten hat sich dafür sehr interessiert und uns gebeten, unseren Plan zur Modernisierung fortzuführen, damit er bald in die Praxis umgesetzt werden kann. Wir arbeiten übrigens mit Experten des Europarats und der Unesco zusammen; auch die Weltbank sieht unsere Arbeit mit großem Wohlwollen.

Haben Ihre Reformbemühungen auch mit dem Schock durch den Bericht der Vereinten Nüber die menschliche Entwicklung zu tun, der den arabischen Staaten, ebenfalls 2003, ein verheerendes Zeugnis ausstellte: autoritäre Erziehungssysteme, wenig Zugang zu Bildung, die weltweit niedrigste Computer- und Internetnutzung und eine winzige Buchproduktion?

Das war ein Element. Aber es handelt sich für die arabischen Staaten vor allem darum, ob sie in der Globalisierung mithalten können. Dabei hat Bildung höchste Priorität.

Aber sie macht Menschen auch zu selbstbewussten Bürgern, die ihr Recht auf Beteiligung, auf Demokratie fordern werden. Fürchten sich die arabischen Regierungen davor nicht?

Wir haben für diese Reformen auf politischer Ebene zum ersten Mal einen Konsens, der alle 22 Staaten einbezieht, also 300 Millionen Menschen. Im Juli werden alle arabischen Bildungsminister auf einem Gipfel in Tunis dieses Programm beschließen, und dann wird es definitiv umgesetzt. Dann werden wir die Hilfe Europas, die Stiftungen eingeschlossen, brauchen, damit das auch funktioniert.

Das Gespräch führte Andrea Dernbach

Mongi Bousnina ist

Generaldirektor der „Arabischen Organisation für Bildung, Kultur und Wissenschaft“ (Alecso). Er sagt, er setze vor allem auf internationale Bildungszusammenarbeit.

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