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Schlechte Bilanz: Nur fünf Prozent der Anspruchsberechtigten nahm die kostenfreie Nachhilfeförderung in Anspruch.

© dpa

Bildungs- und Teilhabepaket: Lernförderung wird nicht nachgefragt

2,3 Milliarden Euro stehen Bedürftigen für Leistungen wie kostenfreie Nachhilfe und Sportangebote zur Verfügung. Doch die wenigsten nutzen diese Angebote. Dafür gibt es verschiedene Gründe.

Die kostenfreie Nachhilfe für bedürftige Kinder aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) der Bundesregierung kommt bisher nur in geringem Maße bei den Betroffenen an. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die die Vodafone Stiftung und die Stiftung Neue Verantwortung am Donnerstag in Berlin zusammen mit einem Zehn-Punkte-Plan vorgestellt haben. Der Plan enthält Empfehlungen für Bund, Länder und Kommunen, wie die so genannte Lernförderung im Rahmen des BuT verbessert werden kann.

Seit April 2011 haben Kinder von weniger finanzkräftigen Eltern nach dem Bildungs- und Teilhabepaket einen Rechtsanspruch auf Bildung. 2,3 Milliarden Euro stehen beispielsweise für das Mittagessen in der Schule, die Betreuung im Hort, Sportangebote oder Ausflüge im Klassenverband von benachteiligten Kindern und Jugendlichen zur Verfügung – auch die Nachhilfe gehört dazu. Eine Zwischenbilanz der Bundesregierung im Jahr 2012 ergab allerdings, dass die einzelnen Komponenten des Bildungspakets von den Anspruchsberechtigten sehr unterschiedlich nachgefragt werden: Während 36 Prozent etwa finanzielle Unterstützung für Klassenfahrten beantragten, nahmen nur fünf Prozent die Förderung von Nachhilfestunden für die Kinder in Anspruch. „Weniger als ein Drittel der Betroffenen wusste überhaupt, dass ihrem Nachwuchs Lernförderung zusteht“, sagt Sebastian Gallander, der den Zehn-Punkte-Plan für die beiden Stiftungen geschrieben hat. Eine Empfehlung des Autors ist deswegen, dass die Schulen künftig stärker bei den Eltern für die Inanspruchnahme von Nachhilfestunden werben.

Gallander war mit seinen Kollegen in der ganzen Republik unterwegs, um das „Schattendasein“ der Sozialleistung zu ergründen. Für den Wissenschaftler liegt das Hauptproblem der Lernförderung nach dem BuT darin, dass es lediglich der Verhinderung des Bildungsabstiegs dient und nicht darauf angelegt ist, dass Nachhilfeschüler ihre Bildungschancen verbessern. Denn nach den Vorgaben der Bundesregierung haben innerhalb des Berechtigtenkreises nur die Schüler Anspruch auf Nachhilfestunden, die kurz davor sind „wesentliche Lernziele“ zu verfehlen. In der Regel ist damit die Versetzung in die nächst höhere Klasse gemeint. „Doch zu diesem Zeitpunkt kommt die Nachhilfe für die meisten Schüler schon zu spät“, kritisiert Gallander. Auch sei es falsch, dass den Kindern nur so lange Lernförderung zustünde, bis sie aus der akuten Gefahrenzone heraus seien. Es sei sehr wahrscheinlich, dass bei vielen Schülern die Leistungen dann wieder einbrechen, weil sie es ohne Nachhilfe einfach nicht schafften.

Zudem scheitern viele Eltern, deren Kindern eigentlich Nachhilfe zustünde, offenbar an der deutschen Bürokratie. Wer Leistungen nach dem Bildungspaket beansprucht, sieht sich – je nach Bundesland und Kommune – häufig einem Wust von Anträgen bei unterschiedlichen Behörden gegenüber. Dabei wäre es durchaus möglich, alle Leistungen auf einmal auf nur einem Formular einzufordern – in Nordrhein-Westfalen wird dieses Verfahren bereits praktiziert. Wer dort Lernförderung für den Nachwuchs haben möchte, muss auf seinem Antrag auf Grundleistungen nach dem Sozialgesetzbuch einfach ein zusätzliches Kreuzchen machen. Dieses Prozedere entlaste sowohl die Eltern als auch die zuständigen Behörden, die weniger Anträge bearbeiten müssten. Von den Kommunen fordert Sebastian Gallander zudem, eine zentrale Stelle zu bestimmen, die die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden koordiniert und als alleiniger Ansprechpartner fungiert.

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