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Bildungspolitik: „Mehr Bund, mehr Bürokratie“

Der FDP-Bildungsfachmann Patrick Meinhardt macht Front gegen die Bildungspolitik der Parteiführung: Ein Bundesschulgesetz? „Der Horror schlechthin.“

Als Rebellen sieht er sich nicht. Den Vergleich mit Frank Schäffler weist er daher von sich. Aber ähnlich wie der umtriebige FDP-Finanzpolitiker, der den Mitgliederentscheid zum Euro in Gang gesetzt hat, gilt Patrick Meinhardt als Widersacher der Parteiführung. Die wünscht sich mehr Zentralisierung in der Schul- und Hochschulpolitik. Der Bildungsfachmann Meinhardt dagegen ist skeptisch. Damit steht der 45-jährige Bundestagsabgeordnete aus Baden gegen Generalsekretär Christian Lindner, gegen einflussreiche Alt-Liberale wie Klaus Kinkel und auch gegen die Mehrheit der Bundestagsfraktion. Die hat gegen den Willen Meinhardts, immerhin bildungspolitischer Sprecher, im Mai beschlossen, dem Bund mehr Einfluss auf Schulen und Hochschulen – traditionell das Metier der Länder (und Kommunen) – zu verschaffen. Am 13. November muss ein Parteitag in Frankfurt am Main entscheiden, wohin die Reise der FDP in der Bildungspolitik geht.

Meinhardt will verhindern, dass der Bund mehr Einfluss auf die Bildungspolitik bekommt. Das aber hätten Parteiführung und Fraktionsmehrheit gern. Sie wollen das „Kooperationsverbot“ aufheben, jene Regelung im Grundgesetz, die mit der Föderalismusreform von 2006 die Verantwortung für Schulen und Universitäten klarer als zuvor bei den Ländern ansiedelte und dem Misch- und Mitfinanzieren durch den Bund einen Riegel vorschob. Wie auch in der CDU auf Bundesebene gilt vielen Liberalen das nun als Fehler.

Meinhardt ist anderer Meinung. „Es ist nicht zielführend, das Grundgesetz schon wieder zu ändern“, sagt er und fragt, was denn vor 2006, als Bund und Länder breit miteinander kooperieren konnten, besser war: „Wer glaubt, Bildung würde besser, wenn der Bund mitspielt, ist mit dem Klammerbeutel gepudert.“ Ein Bundesschulgesetz? „Der Horror schlechthin.“

Statt das Kooperationsverbot – Meinhardt spricht lieber von „Kofinanzierungsverbot“ – aufzuheben und dem Bund das Mitfinanzieren auf breiter Front zu erlauben, schlägt der FDP-Politiker eine „faire Verteilung der Umsatzsteuer“ vor. Das bedeutet: mehr für die Länder, vor allem aber für die Städte und Gemeinden. Und weniger für den Bund. Um sicherzustellen, dass das Geld auch in Bildung fließt, könne man eine bindende Vereinbarung mit den Spitzenverbänden der Kommunen suchen. Denn deren Rolle will Meinhardt stärken. „Es darf nicht wieder sein, dass Bund und Länder sich kooperativ über die Köpfe der Kommunen hinweg verständigen.“

An der Bund-Länder- Kooperation missfällt Meinhardt, dass die Zahl der Mitspieler und damit der politische und bürokratische Aufwand steigt. „Die Aufhebung des Kooperationsverbots bringt den Durchgriff des Bundes bis in die Schulen hinein, wo schon die Kommunen und die Länder mitreden. Für Lehrer, Eltern und Schüler ist das zu viel.“ Mehr Bund, mehr Bürokratie – so lautet Meinhardts Formel. „Wir sollten die Schulen nicht mit noch mehr Lenkung von oben belasten.“ Den Ländern empfiehlt Meinhardt eine engere Kooperation, um zu Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit dort zu kommen, wo sie nötig ist. Zu weit solle sie aber nicht gehen, unterschiedliche Lösungsansätze der Länder brächten der Bildungspolitik Gewinn. „Wir waren die Vorreiter des Wettbewerbsföderalismus“, betont Meinhardt, der darin nichts Schlechtes erkennen kann.

Der Bildungsfachmann warnt davor, auf dem Parteitag per Mehrheitsbeschluss die Aufhebung des Kooperationsverbots zu verlangen und damit die Partei praktisch zu spalten. Es dürfe kein „Entweder- oder-Parteitag“ werden, auf dem Beschlüsse gefällt würden, „die von der Hälfte der Landtagsfraktionen nicht mitgetragen werden“. Stattdessen müsse die FDP über eine ausgewogene „Bildungspartnerschaft“ von Bund, Ländern und Kommunen reden. Denn der Bund habe ja Gestaltungsmöglichkeiten abseits der direkten Finanzierung. „Das Grundgesetz erlaubt mehr, als derzeit genutzt wird.“ Als Beispiel nennt Meinhardt die Anstellung von Sozialarbeitern an den Schulen. Hier könne der Bund über seine Verantwortung für die Kinder- und Jugendhilfe aktiv werden. Und warum sollte er nicht die Bafög-Finanzierung komplett übernehmen, dann gebe es auch weniger Hickhack mit den Ländern. Auch bei der Unterstützung von Schulfördervereinen – „Stärkung des ehrenamtlichen Engagements“ – oder von Bildungslotsen könnte der Bund eine Rolle spielen. Meinhardt kann sich auch ein Sonderbauprogramm des Bundes zugunsten der Kommunen vorstellen, um Schulgebäude zu sanieren.

Auch Meinhardt sieht „Zersplitterung“ – weniger bei den Ländern als in Berlin. „Berufliche Bildung beim Wirtschaftsminister, die Bildungslotsen beim Arbeitsministerium, die Forschungsförderung auf sieben Ressorts verteilt“, klagt er. „Es gibt zu wenig Koordinierung, hier muss die Regierung ran.“ Der FDP-Mann schlägt ein Innovationsministerium vor, in dem die Verantwortung für Bildung, Forschung und Technologie gebündelt wird.

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