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Politik: Binnenmarkt – in Maßen

EU-Gipfel einigt sich bei Dienstleistungen / Briten und Osteuropäer können sich nicht durchsetzen

Die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Staaten haben sich im Grundsatz über den Kompromiss zur Dienstleistungsrichtlinie verständigt, den das Europaparlament im vergangenen Monat vorgeschlagen hat. „Die politischen Weichen sind jetzt gestellt. Das ist der Durchbruch,“ sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag nach dem Ende des EU-Gipfels.

Obwohl vor allem die osteuropäischen EU-Mitglieder, aber auch Großbritannien mit dem verwässerten Kompromiss des Europaparlaments unzufrieden sind und sich mehr Erleichterungen für ihre Dienstleistungsbetriebe auf dem EU-Binnenmarkt gewünscht hätten, lenkten sie am Ende in Brüssel ein. Der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso, hatte ihnen in deutlichen Worten klar gemacht, dass die Chancen, zum ursprünglichen, liberaleren Richtlinienentwurf des ehemaligen EU-Kommissars Bolkestein zurückzukehren, „gleich 0,00“ seien.

Die Staats- und Regierungschefs forderten deshalb in ihrer Schlusserklärung die EU-Kommission auf, einen geänderten Vorschlag zur Dienstleistungsrichtlinie vorzulegen, der sich „weitgehend an das Ergebnis der ersten Lesung des Europäischen Parlaments“ anlehnt. Die Regierungschefs sind sich einig, dass „der Binnenmarkt für Dienstleistungen in vollem Umfang verwirklicht werden muss“. Gleichzeitig müsse „das europäische Sozialmodell gewahrt bleiben.“

Als Erfolg wertete die Kanzlerin am Ende auch das Ergebnis der Gipfeldebatte über die europäische Energiepolitik. Der drohende Streit zwischen den Verfechtern einer liberalen Marktöffnung auf der einen Seite und der französischen und der spanischen Regierung andererseits, die eine Übernahme nationaler Energieversorger durch ausländische Konzerne offenbar verhindern wollen, konnte in Brüssel vermieden werden. „Das hat hier keine Rolle gespielt,“ erklärte der amtierende EU-Ratsvorsitzende, Österreichs Kanzler Wolfgang Schüssel.

Stattdessen entschieden sich die EU-Regierungschefs zu einer Politik der kleinen Schritte: Die EU-Kommission wurde beauftragt, eine europäische Energiestrategie zu entwickeln, die auf drei Ziele ausgerichtet ist: Versorgungssicherheit, eine bessere Wettbewerbsfähigkeit auf einem EU-Binnenmarkt der Energie und gleichzeitig eine hohe Umweltverträglichkeit. Die Zusammensetzung der Energiequellen, der so genannte Energiemix, bleibt auch künftig den einzelnen EU-Mitgliedstaaten überlassen. Es zeichnete sich bei der Gipfeldebatte jedoch ab, dass eine große Zahl der EU-Staaten angesichts der drohenden Energieknappheit offenbar wieder mehr auf Atomenergie setzt. „Kein Land wird sich das Recht nehmen lassen, sich für oder gegen Atomkraft zu entscheiden,“ sagte Schüssel.

Spätestens 2007 muss die längst beschlossene Öffnung der Zugänge zu den Stromnetzen in der EU vollzogen sein. Damit wird der freie grenzüberschreitende Austausch von Strom und Gas in der EU deutlich erleichtert. Obwohl die Regierungschefs es ablehnten, der EU-Kommission mehr energiepolitische Kompetenzen zu übertragen, weisen sie der Brüsseler Behörde neue Aufgaben zu: „Ohne die EU-Kommission wird es nicht gehen,“ sagte Merkel. Brüssel wurde beauftragt, einen konkreten Aktionsplan zur Energiepolitik zu erarbeiten und die Politik der 25 zu koordinieren. Vor allem soll die Nutzung erneuerbarer Energie auf europäischer Ebene gefördert und überall die Energieeffizienz verbessert werden.

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