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Birma

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Birma-Referendum: Junta zwingt Volk an die Urnen

Die Militärjunta Birmas hat zur Zeit nur eines im Sinn: Das von dem verheerenden Wirbelsturm gebeutelte Volk in die Wahllokale treiben - mit Gewalt. Die droht auch, wenn jemand es wagen sollte, gegen die neue Verfassung zu stimmen. Kein Wunder also, dass die Regierung schon einen großen Sieg propagiert.

Einen Tag nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum in Birma hat die Staatszeitung von einer "massiven Wahlbeteiligung" berichtet. Fast 100 Prozent der Wähler in Kokogyun bei Rangun hätten mit Ja gestimmt, 90 Prozent in der Region Mandalay und 95 Prozent in der Shan-Region, sagte ein Beamter in Rangun "vertraulich" der Deutschen Presse- Agentur dpa. In 47 Bezirken, die von dem verheerenden Zyklon verwüstet worden sind, soll in zwei Wochen nachgewählt werden.

Die Junta hatte alle Appelle aus dem Ausland ignoriert, das Referendum zu verschieben und sich zuerst um mehr als eine Million Zyklon-Opfer zu kümmern. Die Hilfsorganisation Oxfam sieht in Birma 1,5 Millionen Menschen vom Tod bedroht, wenn sie nicht dringend mit sauberem Wasser und Sanitäreinrichtungen versorgt werden. "Mehr als 100.000 Menschen sind wahrscheinlich tot, und alles deutet auf eine weitere Katastrophe hin, die diese Zahl um ein 15-faches erhöhen könnte", sagte die Regionaldirektorin für Ostasien, Sarah Ireland, am Sonntag in Bangkok.

Juntachef Than Shwe zeigt sich erstmals wieder - bei Stimmgabe für das Referendum

Die Militärjunta weist unterdessen Vorwürfe zurück, die Hilfe erreiche die Opfer nicht. Das seien alles Gerüchte, sagte der stellvertretende Außenminister U Kyaw Thu nach einem Bericht des Staatsorgans "Neues Licht von Birma", das jede Menge Bilder von angeblich eintreffenden Flugzeugen mit Hilfsgütern zeigte. Alles werde umgehend ins Katastrophengebiet gebracht. Erstmals seit dem Zyklon tauchte auch Juntachef Than Shwe im staatlichen birmanischen Fernsehen auf: nicht beim Trostspenden für Opfer oder der Verteilung von Hilfsgütern, sondern bei der Stimmabgabe für die neue Verfassung, mit der das Militär seine Macht auf Jahre hinaus zementieren will.

Birmanische Oppositionskräfte im Exil berichten von massiven Wahlfälschungen bei dem Referendum über die umstrittene neue Verfassung. Mitarbeiter der Oppositionspartei "Nationalliga für Demokratie" NLD hätten am Samstag in allen Landesteilen Einschüchterungen, Nötigungen und direkte Fälschungen beobachtet, berichtete die US-Kampagne für Birma. Die neue Verfassung soll den Weg für Wahlen in zwei Jahren freimachen. Allerdings sichert sich das Militär damit 25 Prozent aller Parlamentssitze und wichtige Kabinettsposten.

Haft- und Geldstrafen für Nein-Stimmen

Im Bezirk Kyone Pyaw in der Irrawaddy-Region seien seit Freitag Lautsprecherwagen durch die Straßen gefahren, die jedem, der mit Nein stimmen wollte, mit drei Jahren Haft- und Geldstrafen drohten, berichteten die Beobachter. Im Karen-Gebiet hätten Wähler bei der Ankunft im Wahllokal festgestellt, dass in ihrem Namen schon gewählt worden war. Im Pegu-Bezirk rund 100 Kilometer nördlich von Rangun hätten die Leiter der Wahllokale darauf bestanden, dass die Menschen vor ihren Augen mit Ja stimmten.

In einem Wahllokal mit 412 abgegebenen Stimmen sei zunächst öffentlich ausgezählt worden, berichteten die Beobachter. Nachdem nur 15 Stimmen für und 37 gegen die Verfassung registriert worden waren, sei die Auszählung abgebrochen und hinter verschlossenen Türen fortgesetzt worden.

Opposition: "Der Widerstand geht weiter"

"Das Referendum war unfair, wie wir vorausgesehen hatten", schrieb der Leiter der Kampagne, Aung Din. Die Opposition werde trotz Einschüchterungen nicht ruhen und den Wahlbetrug offenlegen. "Der Widerstand geht weiter", schrieb er.

Bei der Abstimmung geht es um eine Verfassung, mit der das seit 1962 regierende Militär seine tragende Rolle im Staat legitimieren will. Nach der Verfassung bleibt ein Viertel der Parlamentssitze dem Militär vorbehalten, ebenso mehrere Kabinettsposten. Wahlen sollen in zwei Jahren stattfinden. Die populäre Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi, die unter Hausarrest steht, darf nicht antreten. Dafür wurde eigens ein Paragraf aufgenommen, der denjenigen politische Ämter verbietet, die mit Ausländern verheiratet waren - wie Suu Kyi. Sie hatte die ignorierte Wahl 1990 haushoch gewonnen. (saw/dpa/AFP)

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