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Politik: Birthler bleibt Verwalterin der Stasi-Akten

Große Mehrheit für zweite Amtszeit

Von Matthias Schlegel

Berlin - Eines stellt Marianne Birthler vor den Journalisten gleich klar: In ihre zweite Amtszeit als Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen gehe sie nicht, um die Behörde abzuwickeln, sondern um sie weiterzuentwickeln. Sie begegnete damit Spekulationen im Zusammenhang mit der langfristigen Perspektive, dass die Akten des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) irgendwann in das Bundesarchiv eingegliedert werden könnten. Das wolle sie zwar nicht ausschließen. Aber noch hätten sich die Gründe, wegen derer die Behörde einst gegründet worden sei, nicht erledigt.

Knapp zwei Stunden zuvor war die 58-Jährige vom Bundestag mit großer Mehrheit für weitere fünf Jahre zur Hüterin der Stasi-Akten gewählt worden. In geheimer Wahl hatten sich 486 Abgeordnete für sie ausgesprochen, 60 hatten dagegen gestimmt, 17 hatten sich enthalten. Für die erforderliche Kanzlermehrheit hätten 308 Stimmen genügt.

Birthler, die als bündnisgrüne Politikerin 1992 nach nur zweijähriger Amtszeit als Bildungsministerin in Brandenburg wegen der Stasi- Kontakte des damaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe zurückgetreten war, sagt, der Bundestag habe mit der Wahl zugleich eine klare Botschaft ausgesandt: „In diesem Land ist die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur gewollt.“ Was wohl auch heißen soll: Das Fortbestehen der Behörde ist gewollt. 2005 hätten noch immer 80 000 Menschen einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, sagt sie. Und erst im Jahr 2015 seien wohl die von der Stasi hinterlassenen rund 180 Aktenkilometer gänzlich erschlossen – derzeit sind erst 60 Prozent aufgearbeitet, bis 2010 werden es rund 80 Prozent sein.

Auf die Frage, ob das Auslaufen der Stasi-Überprüfungen im öffentlichen Dienst im Jahr 2006 auch bedeute, dass danach einem Bewerber trotz nachgewiesener Stasi-Mitarbeit eine Einstellung nicht mehr verwehrt werden könne, sagte sie: „Ja, so haben mir meine Juristen das erklärt.“ Das ergibt sich aus dem Passus im Stasi-Unterlagengesetz von 1991, dass 15 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes niemandem mehr seine frühere Stasi-Mitarbeit im Rechtsverkehr vorgehalten werden darf. Birthler und Behördendirektor Hans Altendorf verwiesen darauf, dass sich die Spielräume für den Arbeitgeber dann nur noch aus der Anwendung des Arbeitsrechts ergäben, etwa in Bezug auf die persönlich-moralische Kompetenz eines Bewerbers.

Birthler räumte ein, dass wegen der zurückgehenden Auskunftstätigkeit der Behörde der Mitarbeiterstab bis 2010 auf 1600 verringert werde. Das bedeute gegenüber 1995 ein Halbierung. Ihre Behörde werde aber zunehmend zu einem „Kompetenzzentrum für MfS-Themen“ im Verbund aller Institutionen, die sich mit der Aufarbeitung der SED-Diktatur beschäftigten.

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