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Politik: Birthler muss berichten

Behördenchefin in Sachen West-IM unter Druck

Von Matthias Schlegel

Berlin - Marianne Birthler, die Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, wird in den nächsten Tagen ein paar Berichte schreiben müssen. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hat die ihm unterstellte Bundesbeauftragte „umgehend um eine detaillierte Stellungnahme“ gebeten. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) möchte von Birthler ebenfalls über den Stand der Dinge unterrichtet werden. Und der CSU-Abgeordnete Hartmut Koschyk, Mitglied im Beirat der Stasi-Unterlagenbehörde, sagte dem Tagesspiegel, er habe den Beiratsvorsitzenden Richard Schröder (SPD) gebeten, „zeitnah“ auf der nächsten Sitzung des Gremiums mit Frau Birthler über den „Sachverhalt“ zu diskutieren.

Der Sachverhalt besteht in dem Vorwurf, die Behördenchefin lasse sich zu lange Zeit mit einem Bericht über die einstigen Aktivitäten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) im Westen Deutschlands. Das Papier über die Datengrundlage dieser Bespitzelungen, nämlich die so genannten Rosenholz-Dateien der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), soll nach Aussagen Birthlers 2007 als Bestandteil eines umfassenden MfS-Handbuches erscheinen. Weil vorab Details aus dem Bericht bekannt geworden waren, geriet die Behördenchefin massiv unter Druck.

Vermutlich wird Birthler in ihren Stellungnahmen schreiben, was sie seit Tagen gebetsmühlenartig wiederholt: Dass der umfassende Bericht zurzeit aufwändig redaktionell bearbeitet werde. Dass die allermeisten der dort in Zahlen erfassten Bundespolitiker keine Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) der Stasi waren, sondern abgeschöpfte Personen oder Menschen aus deren Umfeld, also im Sinne des Stasi-Unterlagengesetzes Betroffene. Dass die Behörde im Falle von Betroffenen aus rechtlichen Gründen gar keine Daten veröffentlichen dürfe. Dass die klaren IM-Identitäten seit Jahren öffentlich bekannt sind.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Meckel, Mitglied des Behördenbeirats, sieht denn auch keinen Anlass für den Vorwurf, Birthler verschleppe da etwas. Allerdings stellt er auch fest, dass es durchaus ein Ungleichgewicht bei der Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit in Ost und West gebe. Das aber sei nicht Birthlers Schuld. Vielmehr liege es an der gering ausgeprägten Neigung von Dienststellen, Parlamenten und Abgeordneten im Westen zur Überprüfung, sagte er dem Tagesspiegel. Der Beiratsvorsitzende Richard Schröder hat gar für seinen Beiratskollegen, den SED-Forscher Manfred Wilke, der Birthler vorwarf, das Dossier zurückzuhalten, eine prägnante Charakterisierung parat: „Wilke spinnt“, sagte er der „Berliner Zeitung“.

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