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Politik: Bis in den Tod

Saddam Hussein regiert seit 1979. Zum Machtapparat gehört vor allem seine Familie – doch sie bekämpfen sich alle gegenseitig

Saddam Hussein ist mit Hitler, Stalin und Ludwig XIV. verglichen worden. Aber der irakische Diktator hat ein einzigartiges Unterdrückungssystem geschaffen, in dem traditionelle Stammesloyalität und der Sicherheitsapparat eines modernen Staates ineinander greifen. Saddam hat gewissermaßen den Stalinismus orientalisiert. Durch Einheitspartei und deren zentrale Jugend-, Frauen- und Arbeiterorganisationen hat er eine effiziente Kontrolle geschaffen. Doch der Hauptpfeiler seiner Macht, der ihn trotz politischer Fehler, verlorener Kriege und blutiger Aufstände über 20 Jahre an der Macht gehalten hat, sind die Geheim- und Sicherheitsdienste. Geleitet werden diese von engsten Familienangehörigen oder Vertretern des Abu-Nasser-Stammes, zu dem Saddam Husseins Clan gehört. Zementiert hat Saddam die familiären Bande in der Führungsclique durch die Heiraten seiner Töchter und Söhne.

Verrat und Mord

Der Kreis um Saddam besteht aus den Söhnen Udai und Kussai, den Cousins väterlicherseits, darunter Hussein und dessen Bruder Saddam Kamel, sowie den Halbbrüdern Barzan, Watban und Sabawi aus der zweiten Ehe von Saddams Mutter Subha. Die beiden Cousins hat Saddam noch enger an sich gebunden, indem er ihnen seine Töchter zur Frau gab. Sein Halbbruder Barzan heiratete die Tochter von Saddams Onkel Khairallah Tulfah, der den vaterlosen Jungen großgezogen hatte. Doch der Schein des geeinten Clans trügt: Verrat und Morde sind Familienalltag.

Saddam hat nach seiner Machtergreifung 1979 auf seine Halbbrüder gesetzt: Barzan wurde Chef der Geheimpolizei, Watban Innenminister und sein Cousin Ali Hassan Al Majid Verteidigungsminister. Er war später für die Giftgasangriffe auf die Kurden verantwortlich und wird seither „Chemical Ali“ genannt. Saddam hat ihn nun mit der Verteidigung des Südirak beauftragt. In den 80er Jahren setzte Saddam auf seinen Cousin Hussein Kamel, der einen Sicherheitsdienst zum Schutze des Präsidenten und später die Republikanischen Garden zur stärksten Truppe der Armee ausbaute. Der frühere Fahrer und Bodyguard Saddams stieg zum engen Vertrauten auf, was dem Ibrahim-Clan der Halbbrüder ein Dorn im Auge war. Doch der Aufstieg Hussein Kamels führte dazu, dass Barzan von 1988 bis 1998 als Botschafter zu den UN nach Genf abgeschoben wurde. Dort kümmerte er sich aber weiter um das Vermögen des Hussein-Clans, das auf sechs Milliarden Dollar geschätzt wird. Hussein Kamel leitet das irakische Programm zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen, 1991 war er für die Niederschlagung des schiitischen Aufstandes verantwortlich.

Wirkliche Unruhe kommt in die Familie mit dem Aufstieg von Saddams ältestem Sohn Udai. „Er ist ein politischer Aktivist, seit er ein Baby war“, soll sein Vater gesagt haben. Denn Saddam saß nach der Geburt Udais im Gefängnis und soll in den Windeln seines Erstgeborenen geheime Botschaften erhalten haben. Udai selbst hatte vor allem als Playboy und Sadist einen Ruf. 1988 ermordete er vor den Augen der Frau des ägyptischen Präsidenten, Suzanne Mubarak, den Vorkoster seines Vaters. Aufgestachelt von seiner Mutter Sajida machte er ihn dafür verantwortlich, seinen Vater mit der Ehefrau des Leiters von Iraqi Airways verbandelt zu haben. Diese heiratete Saddam später, aus der Ehe ging Sohn Ali hervor. Später startete Udai durch sein Medienimperium Kampagnen gegen andere Mitglieder des Führungsclans. Dies führte zum Rücktritt von Saddams Halbbruder Watban als Innenminister. Doch als der Präsidentensohn Hussein Kamel die Macht über das Militär streitig machen wollte, kam es zum schwersten Bruch im Familienclan: Hussein Kamel und sein Bruder Saddam flohen 1995 mit ihren Ehefrauen, den Töchtern Saddams, nach Amman und riefen von dort zum Sturz des Regimes auf. Aus unerfindlichen Gründen kehrten die Überläufer im Februar 1996 zurück und wurden wenige Tage später erschossen. Die Töchter Saddams waren zuvor von den „Verrätern“ geschieden worden.

Im Schatten des Bruders

Der 1966 geborene Kussai stand lange im Schatten seines Bruders. Doch heute stützt sich Saddam hauptsächlich auf den disziplinierten jüngeren Sohn. Er überwacht die Republikanischen Garden, leitet die Geheimdienste und wurde 2001 als militärischer Stellvertreter in der Führung der Baath-Partei eingesetzt. Udai wurde mit Geld ruhig gestellt, er kontrolliert den Zigarettenschmuggel und die illegalen Rohölexporte. Neben Kussai stützt sich Saddam auf seinen Privatsekretär, seinen Cousin Abed Hmoud.

Zwar hat der irakische Führer oft versucht, seine Machtbasis zu verbreitern. Nach den Revolten von 1991 hat er sich bemüht, durch Geld und Privilegien weitere Stämme für sich zu gewinnen. Doch die erkaufte Ruhe war nicht von Dauer. So hat Saddam den Kreis wieder verengt und auf die eigene Familie gesetzt. Schlechten Erfahrungen zum Trotz.

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