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Hilfe von oben? Bischof Mixa dementiert den Missbrauchsvorwurf „mit Entschiedenheit“. Foto: dpa

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Bischof Mixa: Jetzt geht’s nicht mehr nur um Ohrfeigen

Die Staatsanwaltschaft nimmt die Vorwürfe gegen Bischof Mixa wegen sexuellen Missbrauchs offenbar ernst

Von Sabine Beikler

Berlin - Helmut Mangold ist ein umsichtiger, bedächtiger Mann, der sich sehr gewählt ausdrückt. In der „Causa Mixa“ sprach der Diözesanratsvorsitzende des rund 1,3 Millionen Katholiken umfassenden Bistums Augsburg vor Wochen noch von einer „sehr unangenehmen Situation“. Nachdem die Staatsanwaltschaft Ingolstadt jetzt Vorermittlungen gegen den 69-jährigen Bischof wegen Verdachts des sexuellen Missbrauchs eingeleitet hat, bedient sich Mangold drastischerer Worte. Der frühere Vorsitzende des Landeskomitees der bayerischen Katholiken spricht von einem „Super-Gau“. Für die Diözese sei das „die nächste Hängepartie“. Er forderte im Tagesspiegel eine „unverzügliche Klärung der Vorwürfe. Sollten sich diese bewahrheiten, müsse der Vatikan sich schnell um eine Nachfolge Mixas kümmern“. Schon allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres verzeichnete das Bistum Augsburg 5100 Kirchenaustritte, im gesamten Jahr 2009 waren es dagegen noch 6500.

Ausgangspunkt der neuen Vorwürfe sind nach Informationen der „Augsburger Allgemeine“ offensichtlich keine Hinweise eines mutmaßlichen Opfers, sondern aus dessen Umfeld. Das Opfer soll zur Tatzeit noch minderjährig gewesen sein. Hinweise hat das Bistum Augsburg selbst „in Übereinstimmung mit den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz den zuständigen Stellen zur Kenntnis gebracht und angezeigt“, teilte das Generalvikariat der Diözese Augsburg am Freitag mit. Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft hat die Hinweise den Ingolstädter Behörden übermittelt und lässt prüfen, ob nach der Vorermittlung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Dem Vernehmen nach wird es wohl dazu kommen. Die Ingolstädter Behörde ist deshalb eingeschaltet worden, weil sich der Sachverhalt während Mixas Amtszeit als Bischof in Eichstätt zwischen 1996 und 2005 ereignet haben soll. Zuvor war Mixa von 1975 bis 1996 Stadtpfarrer in Schrobenhausen, 30 Kilometer von Ingolstadt entfernt.

Aus dieser Zeit rühren Prügel- und Untreuevorwürfe gegen Mixa, im Schrobenhausener Kinderheim St. Josef Kinder mit der Faust, mit einem Stock oder mit einem Teppichklopfer geschlagen zu haben. Nach anfänglichem Leugnen gab Mixa zu, die eine oder andere Ohrfeige verteilt zu haben. Der Ingolstädter Anwalt Sebastian Knott listete in einem Zwischenbericht nicht nur Aussagen anonymer Opfer auf, sondern auch finanzielle Merkwürdigkeiten. So soll mit Stiftungsgeldern ein gefälschter Piranesi-Stich für damals 43 000 Mark angeschafft worden sein. Der aktuelle Schätzwert beläuft sich auf 2000 Euro. Auch Weinrechnungen beliefen sich auf mehrere tausend Euro. Sogar ein Solarium für 6050 Mark wurde damals angeschafft, was eine Mitarbeiterin des Heims dem Tagesspiegel bestätigte. Anwalt Knott will in der kommenden Woche seinen Endbericht vorstellen.

Mixas Amtszeit in Eichstätt war nie unumstritten. Er galt als äußerst selbstherrlich. Offen lag er mit einigen Pfarrern im Clinch. Sie hielten ihm vor, Priesteramtskandidaten aufzunehmen, die von anderen Diözesen wegen fehlender Qualifikation abgelehnt worden waren. In seiner Amtszeit führte er wieder kirchliche Ehrentitel wie Monsignore oder Geistlicher Rat ein, die zuvor abgeschafft worden waren. Pfarrer der Diözese Augsburg erzählen, dass man früher beim Bischof einen Termin hatte, bei Mixa musste man sich um eine „Audienz“ bemühen.

Der Bischof hatte nach zunehmendem Druck auch aus Kirchenkreisen am 21. April den Vatikan um seine Demission gebeten. Nach Informationen der „Welt“ will Papst Benedikt XVI. das Gesuch an diesem Samstag annehmen. Zu den neuen Vorwürfen gegen Mixa wollten weder der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz noch das Erzbistum München Stellung beziehen. Mixas Augsburger Anwalt Gerhard Decker wies die Vorwürfe gegen seinen Mandanten entschieden zurück und kündigte Akteneinsicht an. Dem Vernehmen nach soll sich Mixa selbst in einer Schweizer Klinik aufhalten.

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