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Diese Frauen protestieren und halten ihre Ausweise in die Höhe, nachdem sie in ihrem Wahlbezirk nicht wählen konnten.

© AFP

Blockaden und Boykott: Massive Störaktionen bei Thailand-Wahl

Die Regierungsgegner in Thailand haben ihre Drohungen wahr gemacht und die Parlamentswahlen empfindlich gestört. Hunderttausende Menschen konnten ihre Stimmen nicht abgegeben. Trotz einiger Tumulte vor Wahllokalen blieb der Sonntag jedoch weitgehend friedlich.

Um wählen zu gehen, ist Pawarisa Pattaraphan schon um fünf Uhr morgens aufgestanden. Den Regierungsgegnern, die mit einer Blockade der Wahllokale drohten, wollte die 53-Jährige zuvorkommen. Doch statt vor einer Wahlurne stand Frau Pawarisa am Sonntagmorgen vor mehreren Reihen Polizisten. Ihr Wahllokal war von Demonstranten belagert. Die Sicherheitskräfte waren ausgerückt, um eine Konfrontation zwischen den beiden verfeindeten Lagern zu vermeiden. Erst am frühen Nachmittag gibt Pawarisa auf. “Ich bin wirklich sauer und enttäuscht”, sagt sie und winkt ein Motorradtaxi herbei.

Die Regierungsgegner in Thailand haben ihre Drohungen wahr gemacht und die Parlamentswahlen empfindlich gestört. Die Anhänger des Protestführers Suthep Thaugsuban verhinderten die Verteilung von Urnen und Stimmzetteln. In Bangkok und im Süden des Landes konnten Hunderttausende Menschen ihre Stimmen nicht abgegeben, in mehr als jedem zehnten Wahlkreis muss nun nachgewählt werden. Betroffen sind dabei neben Bangkok auch die Urlaubsregionen Phuket und Krabi im Süden des Landes. Die Regierungsgegner fordern die Einsetzung eines Volksrat, der das politische System vor Wahlbetrug schützen und den Einfluss des ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra unterbinden soll.

Opposition will die Wahlen vor Gericht anfechten

Bis Thailand eine frische Regierung hat, werden noch Wochen oder sogar Monate vergehen. Um eine neue Exekutive zu bestimmen, muss das Parlament zu 95 Prozent vollständig sein. Die Opposition hat bereits angekündigt, die Rechtmäßigkeit der Wahlen vor Gericht anzufechten. Einige politische Beobachter halten es auch für möglich, dass die Regierung durch ein Amtsenthebungsverfahren der Anti-Korruptionsbehörde oder des Verfassungsgerichts entmachtet werden könnte.

Ein Wahlergebnis wurde am Sonntag nicht veröffentlicht. Dass Yingluck Shinawatra gewinnen wird, gilt als sicher - nicht nur, weil die größte Oppositionspartei erst gar nicht zur Wahl angetreten ist. Im bevölkerungsreichen Norden und Nordosten des Landes genießt die Regierung dank intensiver Entwicklungshilfe große Sympathien. Wie viel Rückenwind die Premierministerin durch die Wahl erhält, wird allerdings auch von der Wahlbeteiligung abhängen. Zumindest in Bangkok, wo die Regierungsgegner traditionell viele Unterstützer haben, hatten die Wahlhelfer laut Medienberichten nur wenig zu tun.

Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra wird die Wahl wohl gewinnen.
Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra wird die Wahl wohl gewinnen.

© dpa

Viele sind dem Boykott gefolgt

Auch in einem Wahllokal im Osten der Stadt herrscht kaum Andrang. Die Freiwillige Pakakaew Boonpluk zeigt auf die vielen leeren Einträge in dem Register vor ihr. Viele seien dem Boykott gefolgt, vermutet sie. “Aber einige haben vielleicht auch Angst vor Gewalt gehabt.”

Trotz einiger Tumulte vor Wahllokalen blieb der Sonntag jedoch weitgehend friedlich. Kommentatoren hatten ein Blutbad befürchtet. Am Samstag hatten sich die verfeindeten Gruppen in Bangkok eine wilde Schießerei geliefert und dabei auch Maschinengewehre eingesetzt. Sieben Menschen wurden dabei verletzt. Darunter auch der berühmte amerikanische Kriegsfotograf James Nachtwey, der bereits am Sonntag wieder arbeitete. In der Innenstadt herrschte am Wahltag ausgelassene Feststagsstimmung. Die Opposition hatte zu einem riesigen Picknick geladen. Tausende Menschen saßen auf den Straßen und hörten den Musikern und Rednern zu. "Wir sind keine Demokratiegegner", rief ein Agitator von der Bühne. "Aber diese Wahl wird nur benutzt, um ein korruptes System aufrecht zu erhalten. Dagegen wehren wir uns." Bei einer Witz-Wahl konnten die Besucher den Politiker wählen, den sie am meisten verachten.

Ein langer Weg bis zur Stabilität

Schon jetzt ist klar, dass die Demonstranten die Straßen nicht räumen werden. Ihr Anführer Suthep kündigte noch gestern Abend einen weiteren Protestmarsch für heute an. Mit seinen Aufmerksamkeit erregenden Spaziergängen behindert Suthep schon seit Wochen den Verkehr und sammelt nebenbei Geldscheine für die Bewegung ein. 14 Kilometern hat er morgen vor sich, ein weiter Weg. Das gilt auch für Thailands Rückkehr zur Stabilität.

Frederic Spohr

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