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Politik: BND bespitzelte Dutzende Journalisten

Berlin - Das Thema war ihm unangenehm. Wenn „undisziplinierte Mitarbeiter“ überwacht werden müssten, könnten auch Journalisten „in die Optik geraten“, sagte August Hanning, Präsident des Bundesnachrichtendienstes, gleich mehrmals am Donnerstag in Berlin.

Von Frank Jansen

Berlin - Das Thema war ihm unangenehm. Wenn „undisziplinierte Mitarbeiter“ überwacht werden müssten, könnten auch Journalisten „in die Optik geraten“, sagte August Hanning, Präsident des Bundesnachrichtendienstes, gleich mehrmals am Donnerstag in Berlin. Damit war die Verteidigungslinie klar, die der Chef des Auslandsgeheimdienstes in einer dubiosen Affäre zieht. Der BND hatte 1993 und 1994 Wissenschaftler und Journalisten bespitzelt, weil aus der Behörde sensible Informationen „abgeflossen“ waren, wie es im Geheimdienstjargon heißt. Anlass der Observation durch mehrere Teams war das 1993 erschienene Buch „Schnüffler ohne Nase“, das der Leiter des im oberbayerischen Weilheim ansässigen Forschungsinstituts für Friedenspolitik, Erich Schmidt- Eenbohm, geschrieben hatte. In dem Buch finden sich reichlich Insider-Informationen aus dem BND.

Der damals von Konrad Porzner geleitete Nachrichtendienst wollte herausfinden, welche Mitarbeiter vertrauliche Informationen an Schmidt-Eenbohm weitergereicht haben könnten. Das Forschungsinstitut in Weilheim wurde per Video überwacht. In der fraglichen Zeit hätten ihn 50 bis 60 Journalisten und Wissenschaftler besucht, sagte Schmidt-Eenbohm dem Tagesspiegel. Offenbar wurden die Gäste nicht nur in Weilheim observiert. Einen „Focus“-Redakteur sollen BND-Beamte sogar beim Einkaufen beobachtet haben.

Drei ehemalige Mitarbeiter des BND hätten ihm jetzt als „Kerninformanten“ gebeichtet, was vor elf Jahren geschah, sagte Schmidt-Eenbohm. Einer habe auch erzählt, dass damals das Gerücht verbreitet wurde, „ich hätte aus Geldmangel meine Quellen an den BND verhökert“. Dies sei „das Perfideste überhaupt“. So hätten offenbar Informanten aus der Behörde davon abgehalten werden sollen, weiter mit ihm zu reden.

BND-Chef Hanning bestätigte in Teilen die Observation. Der Nachrichtendienst habe handeln müssen, denn es seien durch Schmidt-Eenbohms Buch „eine Fülle Quellen“ enttarnt worden. Schmidt-Eenbohm will die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen. Für den 21. November ist mit Hanning ein Gespräch vereinbart.

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