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Politik: BND war während Geiselbefreiung in Algier

Amtschef Hanning in Dauerkontakt mit Leitung des Rettungskommandos / Schicksal der zweiten Gruppe unklar

Madrid. Die deutsche Bundesregierung war vor Beginn der Befreiungsoperation der europäischen Geiseln durch die algerische Führung über die Rettungsaktion informiert worden. Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), August Hanning, der am Montag mit Außenminister Joschka Fischer zu den wohl entscheidenden Gesprächen über das Geiseldrama nach Algier gereist war, blieb im Auftrag der deutschen Regierung so lange vor Ort, bis die 17 Geiseln der ersten Gruppe aus den Händen der algerischen Terroristen befreit waren. Dies erfuhr der Tagesspiegel aus deutschen Sicherheitskreisen. Die Bundesregierung wollte dazu nicht Stellung nehmen.

Fischer war nach zehnstündigen Verhandlungen mit der algerischen Regierung am Montagabend weiter nach Tunesien geflogen. BND-Chef Hanning blieb mit einem BND-Expertenteam in geheimer Mission in Algerien. Hanning stand dem Vernehmen nach während der Rettungsoperation in ständigem Kontakt mit dem algerischen Staatssicherheitsdienst DRS und dessen General Mohammed Mediene. Der DRS, die geheime Macht in Algerien, leitete auf algerischer Seite den Befreiungseinsatz. Hanning hielt während der Rettungsaktion Fischer und auch Bundeskanzler Gerhard Schröder permanent auf dem Laufenden. Erst am Dienstagmittag, als das Leben der ersten Geiselgruppe gesichert war, flog der BND-Präsident nach Deutschland zurück. Auch die Regierungen in Wien und Bern waren demzufolge eingeweiht.

Unklar sind die genauen Umstände der Befreiung am Dienstagmorgen, die einen Tag später, am Mittwoch durch Indiskretionen durchgesickert war. Der französische Auslandsrundfunk RFI meldete am Freitag Zweifel an der Version des algerischen Militärs an, dass die 17 Geiseln – zehn Österreicher, sechs Deutsche und ein Schwede – durch einen Sturmangriff freikamen. Der Rettung seien Verhandlungen um ein Lösegeld in einer Höhe von mehreren Millionen Dollar vorausgegangen. Auch zur Befreiung der zweiten noch gefangenen Geiselgruppe, in der sich vermutlich zehn Deutsche, vier Schweizer und ein Schwede befinden, seien Lösegeldverhandlungen im Gange. An den Verhandlungen seien Algerien, die betroffenen westlichen Regierungen und als Vermittler ein weiteres afrikanisches Land beteiligt. Zum Schicksal der weiter in der südalgerischen Wüste von den Terroristen festgehaltenen 15 Geiseln gab es am Freitag keine neuen Erkenntnisse. Westliche wie algerische Diplomaten deuten an, dass die Lage dieser Entführten „sehr ungewiss und gefährlich“ sei.

Ralph Schulze

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