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Bodo Ramelow könnte Deutschlands erster linker Ministerpräsident werden.

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Update

Bodo Ramelow erster linker Ministerpräsident: Thüringer SPD-Spitze will mit Linkspartei koalieren

Jetzt ist es offiziell: Die SPD-Spitze in Thüringen will Koalitionsverhandlungen mit den Linken und den Grünen. Damit könnte Bodo Ramelow Deutschlands erster linker Ministerpräsident werden.

Die Thüringer SPD hat ihre mit Spannung erwartete Entscheidung zum künftigen Koalitionspartner getroffen. Der Landesvorstand empfahl am Montagabend nach zweieinhalbstündigen Beratungen mit der Fraktion, dem Parteirat und den Kreisvorsitzenden die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit Linken und Grünen. Die Entscheidung für Rot-Rot- Grün hatte sich seit Längerem abgezeichnet. Zuletzt waren aber Zweifel aufgetaucht, ob das Bündnis stabil sein wird, zumal im Landtag Linke, SPD und Grüne nur eine Mehrheit von einer Stimme haben. Einer rot-rot-grünen Regierung würde mit Bodo Ramelow Deutschlands erster Ministerpräsident der Linken vorstehen.

Der designierte SPD-Landeschef Andreas Bausewein sagte nach der Beratung, die Empfehlung der 20 anwesenden Landesvorstandsmitglieder sei einstimmig ausgesprochen worden. Am Donnerstag will auch der Grünen-Landesvorstand über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen befinden. Eine Zustimmung zu Rot-Rot-Grün gilt als sicher. Die Grünen signalisierten bereits, dass sie zwei Ministerien beanspruchen, darunter müsse das Umweltministerium sein.

Die Basis der Thüringen-SPD muss erst noch zustimmen

Zugleich wird nun die Befragung der reichlich 4311 SPD-Mitglieder im Land anlaufen. Sie müssen der Empfehlung der Parteispitze zustimmen, damit Koalitionsgespräche aufgenommen werden können. Führende Sozialdemokraten zeigten sich überzeugt, dass die Basis dem Landesvorstand folgen wird. Anderenfalls wäre die neue Parteispitze beschädigt. Nach ihrem Debakel bei der Landtagswahl will die SPD am kommenden Samstag einen neuen Landesvorstand wählen. Der Erfurter Oberbürgermeister Bausewein soll dann Parteichef werden.

Der Empfehlung des SPD-Landesvorstands waren langwierige Sondierungen vorausgegangen. In zwölf Runden hatten die SPD-Unterhändler ausgelotet, ob die bisherige Koalition mit der CDU fortgesetzt wird oder künftig Rot-Rot-Grün in Thüringen regiert. Wegen der knappen Mehrheit beider Bündnisse war immer wieder auch die Möglichkeit einer Koalition von CDU, SPD und Grünen diskutiert worden. Die Grünen legten sich nach einem Vorgespräch mit der CDU jedoch auf Rot-Rot-Grün fest. Sie beklagten, die CDU habe mit ihnen nur unverbindlich einen „small talk über Thüringen“ geführt und sie nicht förmlich zu Sondierungen eingeladen.

Inhaltlich weichen beide Bündnisse nicht sonderlich stark voneinander ab. Die CDU machte ebenso wie die Linke in den Sondierungsgesprächen mit der SPD erhebliche Zugeständnisse. So war die CDU bereit, das umstrittene Landeserziehungsgeld zu halbieren und vorsichtig in eine Gebietsreform einzusteigen. Die Linkspartei wiederum gab ihre Forderung auf, den Verfassungsschutz abzuschaffen. Nun sollen – bundesweit einzigartig – zumindest die V-Leute abgeschaltet werden.

Bodo Ramelow spricht von einem großen Vertrauensbeweis

Bei den Sondierungen hat sich Rot-Rot-Grün unter anderem darauf geeinigt, pro Jahr 500 neue Lehrer einzustellen, ein Kita-Jahr kostenfrei zu stellen und eine umfassende Gebietsreform anzugehen. Kritiker befürchten jedoch, dass es dem Bündnis aufgrund der knappen Mehrheit an politischer Durchsetzungskraft fehlen könnte. Wichtige Reformen wie die weitere Konsolidierung des Landeshaushaltes oder eine Kreisreform könnten daher auf die lange Bank geschoben werden. Die Thüringer Wirtschaft sprach sich bereits deutlich gegen Rot-Rot-Grün aus. Sie lehnt etwa den geplanten Bildungsurlaub für Arbeitnehmer ab.

Zum Verhältnis zur Linken befragt, sagte Bausewein, die Wende sei 25 Jahre her. Die Linke sei zwar die Nachfolgerin der SED. Aber bei den Sondierungen habe nur ein ehemaliges SED-Mitglied mit am Tisch gesessen. Die Linke sei „in großen Teilen im Rechtsstaat angekommen“. Rot-Rot-Grün sei „ein Projekt, das es so auf Länderebene noch nicht gab“. Linken-Spitzenmann Bodo Ramelow sprach nach der SPD-Entscheidung von einem großen Vertrauensbeweis. Die rot-rot-grüne Koalition wolle „beweisen, dass wir bei Problemlösungen alltagstauglich sind“, sagte der 58-Jährige.

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) appellierte am Montagabend an die SPD-Mitglieder im Land, Rot-Rot-Grün noch zu verhindern. „Sie haben es nun in der Hand, der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen und zu verhindern, dass Thüringen sich durch eine von der Linken geführte Regierung ins Abseits manövriert und die erfolgreiche Entwicklung der letzten Jahre abreißt“, erklärte sie. mit dpa

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