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Evo Morales

© dpa

Bolivien: Morales feiert seinen Verfassungs-Coup

Der bolivianische Präsident Morales ist zufrieden: Nach der sich abzeichnenden Mehrheit für die neue Verfassung ruft er die "Wiedergründung Boliviens" aus. Vor allem aber haben ihm die Bolivianer seinen persönlichen Karrierewunsch erfüllt.

Boliviens Präsident Evo Morales hat die Annahme einer neuen linken Verfassung als "Neugründung" des südamerikanischen Landes gefeiert. Sie soll der bisher diskriminierten Indio-Mehrheit mehr Rechte und dem Staat größere Kontrolle über die Wirtschaft gewähren. Außerdem eröffnet sie dem Präsidenten die Möglichkeit, für eine zweite fünfjährige Amtszeit anzutreten. Inoffiziellen Prognosen zufolge stimmten in dem Referendum am Sonntag etwa 60 Prozent der Bolivianer für die neue Verfassung.

"Heute, 25. Januar 2009, sind wir dabei, ein neues Bolivien mit Chancengleichheit für alle Bolivianer zu gründen", sagte Morales nach dem Urnengang. "Der Kolonialstaat hat ein Ende." Die konservative Opposition, die sich aus der weißen, wohlhabenden Minderheit rekrutiert, hatte Morales wiederholt vorgeworfen, er wolle eine Art linker Diktatur errichten. Er eifere seinem Freund und Mentor, dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, nach.

Ein zerrissenes Land

Die Zerrissenheit des Landes, das zu den ärmsten Südamerikas zählt, wurde erneut in den Prognosen für die einzelnen Provinzen deutlich. In Santa Cruz, einer der Provinzen, die nach Autonomie streben, stimmten demnach 72 Prozent gegen die neue Verfassung. Die Nachfahren europäischer Einwanderer sehen ihre Freiheit und ihren Wohlstand durch die Forderungen der von Ureinwohnern abstammenden Mehrheit bedroht. Sie machen etwa 15 Prozent der Bevölkerung aus und leben in den rohstoffreichen und fruchtbaren Regionen im Osten und Süden des Landes.

Die meisten Ja-Stimmen gab es Hochrechnungen zufolge in den im ärmeren Hochland des Andenstaats gelegenen Departamentos La Paz, Oruro, Potosí und Cochabamba. Etwa 70 Prozent aller 9,3 Millionen Bolivianer bezeichnen sich als Nachfahren der Ureinwohner.

Kirchen fürchten um Einfluss

Auf Widerstand stieß die Verfassungsreform bei den einflussreichen christlichen Kirchen. Diese äußerten die Befürchtung, die neue Verfassung könne Abtreibungen und gleichgeschlechtliche Ehen ermöglichen, weil in dem Text nicht die Familie als Säule der bolivianischen Gesellschaft festgeschrieben werde.

Morales war im Dezember 2005 mit 53 Prozent der Stimmen zum ersten indianischstämmigen Präsidenten Boliviens gewählt worden. Im August 2008 war er bei einem Referendum mit gut 67 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden. Zur Abstimmung über die neue Verfassung waren knapp vier Millionen Stimmberechtigte von ingesamt rund zehn Millionen Einwohnern aufgerufen. (sf/dpa/AFP)

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