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Politik: Boliviens Präsident bietet Rücktritt an

Staatschef Mesa zieht Konsequenz aus Staatskrise / Indianer und Bauern wollen Druck aufrechterhalten

Montevideo - Als Ausweg aus der seit Monaten schwelenden Staatskrise hat der bolivianische Interimspräsident Carlos Mesa am Montag seinen Rücktritt angeboten. „Ich will kein Hindernis für die Stabilisierung Boliviens sein“, begründete er in einer Fernsehansprache seine Entscheidung. Zuvor hatte Carlos Mesa aus Sicherheitsgründen vorübergehend den Präsidentenpalast in La Paz verlassen müssen, den etwa 80000 Demonstranten belagerten. Das Parlament sollte noch am Dienstag über Mesas Rücktrittsangebot entscheiden. Gewerkschaften, Bauernvereinigungen und Indianerbewegungen riefen dazu auf, den Druck aufrechtzuerhalten. Auch am Dienstag gingen Zehntausende auf die Straße.

In dem Konflikt um die Rohstoffreserven geht es um das neue Energiegesetz und darum, wer die Kontrolle über die Rohstoffe ausübt und von ihnen profitiert. Die Indigenas aus dem Hochland, die 60 Prozent der Bevölkerung ausmachen und zu den Ärmsten gehören, fordern mehr politische und wirtschaftliche Teilhabe. Ihre Hauptforderung ist die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung, um dem unregierbaren Andenstaat ein neues Fundament zu geben.

Die reiche, hellhäutige Oberschicht aus dem Tiefland um Santa Cruz im Osten, wo sich das meiste Erdgas- und -öl befindet, fordert dagegen Autonomie, um ihrerseits die Bodenschätze besser kontrollieren zu können.

Der Konflikt schwelt seit langem in Bolivien, hat sich aber in den letzten Jahren zugespitzt. 2003 wurde Präsident Gonzalo Sanchez de Lozada deshalb gestürzt. Sein Vize Mesa hatte die Amtsgeschäfte übernommen. Der 51-jährige parteilose Historiker war zwar populär, hatte aber keine politische Basis.

Mesa traf seine Entscheidung nach einem Treffen mit seinem Kabinett und der Militärführung, die offenbar beunruhigt ist, die sozialen Proteste könnten sich ausweiten und verschärfen. Der Präsident appellierte an seine Landsleute, ihre intoleranten und gewalttätigen Aktionen einzustellen. Die Demonstranten setzten einen Generalstreik in der belagerten Hochlandmetropole La Paz an.

Ob der Kongress Mesas Rücktritt annehmen wird, war bis zuletzt offen. Die rechten Traditionsparteien, die der Elite aus Santa Cruz nahe stehen, hatten dies zwar gefordert. Zurückhaltend war aber die Opposition. Das Amt würde der Senatspräsident übernehmen, und der ist Vertreter der Oligarchie aus Santa Cruz. Ein Abgeordneter prophezeite in diesem Fall schon einen „Bürgerkrieg“. Die Demonstranten fordern deshalb komplette Neuwahlen.

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