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Politik: Bomben auf Synagogen in Istanbul

Mindestens 20 Tote bei zwei Anschlägen / Türkische Regierung vermutet auch Al Qaida als Drahtzieher

Istanbul. Bei zeitgleichen Bombenanschlägen auf zwei Synagogen in der türkischen Metropole Istanbul sind am Samstag mindestens 20 Menschen getötet worden. Etwa 300 Personen wurden verletzt. Die Sprengsätze detonierten während des morgendlichen Gottesdienstes am jüdischen Sabbat vor den Synagogen in zwei verschiedenen Stadtbezirken. Es sind die schlimmsten Terroranschläge in der Türkei seit vielen Jahren. Die türkische Regierung geht davon aus, dass internationale Terrorgruppen wie Al Qaida für die Attentate verantwortlich sind. Israel sprach von einer Mitverantwortung des „Anti-Israelismus“ in Europa .

Die Bomben waren in Lieferwagen versteckt, die gegen 8 Uhr 30 mitteleuropäischer Zeit explodierten. Ersten Erkenntnissen der Polizei zufolge handelte es sich um Zeitbomben oder ferngezündete Sprengsätze. Die Detonation vor der Neve-Shalom-Synagoge im Altstadtviertel Beyoglu war so heftig, dass mehrere umliegende Gebäude zerstört wurden; auch die Explosion in einem jüdischen Wohnviertel im Stadtteil Sisli wenige Minuten zuvor verwüstete Häuser im Umkreis von 200 Metern. Türkischen Medienberichten zufolge waren beide Gotteshäuser zur Zeit der Anschläge gut besucht, weil dort Bar-Mizwa-Feiern stattfanden.

Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete, die Ermittler hätten auf Aufzeichnungen der Überwachungskameras an der Neve-Shalom-Synagoge einen Mann gesehen, der vor dem Anschlag ein Auto vor der Synagoge abgestellt habe; wenig später sei das Auto explodiert.

Zu den Opfern gehören auch Polizisten, Wachmänner sowie Ladenbesitzer und Passanten. Wegen der hohen Zahl der Verletzten riefen die Krankenhäuser in der Istanbuler Innenstadt die Bürger zu Blutspenden auf. Gewalttaten gegen Einrichtungen der rund 35 000 Mitglieder starken jüdischen Gemeinde in der Türkei sind selten; die Neve-Shalom-Synagoge war jedoch schon einmal Ziel eines Anschlags: 1986 starben dabei mehr als 20 Menschen. Damals sollen militante Palästinenser verantwortlich gewesen sein. Anfang der neunziger Jahre verübten Unbekannte einen weiteren Anschlag auf das Gotteshaus, bei dem jedoch niemand verletzt wurde. Bei einem Anschlag auf eine Synagoge auf der tunesischen Insel Djerba 2002 starben 21 Menschen, meist Touristen.

Es sei klar, dass es einen internationalen Hintergrund bei der Tat gebe, sagte Außenminister Abdullah Gül. Zu Anschlägen diesen Ausmaßes seien einheimische Terrorgruppen ohne Hilfe nicht fähig, sagten Sicherheitsexperten. Einen Bekenneranruf der islamistischen Terrorgruppe IBDA-C bewertete die Polizei deshalb als nur eine von vielen möglichen Spuren.

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte die Anschläge als „gegen die Stabilität und den Frieden in der Türkei" gerichtete Gewalttaten. Auch US-Präsident Bush und die Bundesregierung verurteilten den Doppelanschlag „auf das Schärfste“. Israels Regierung gab wachsendem „Anti-Israelismus“ in Europa Mitschuld an der Tat. Außenminister Silwan Shalom sagte, die Kritik in Europa „ermutige verbalen Terror, der zu physischem Terror führt, wie wir ihn heute in Istanbul erlebt haben“.

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