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Politik: Bomben im Badeort

Mit Anschlägen wie in Marmaris wollen PKK-Rebellen Ankara wieder zu Verhandlungen zwingen

Über die Feriengebiete der Türkei rollt eine neue Terrorwelle. Bei einer schweren Explosion im südtürkischen Antalya starben am Montagnachmittag mindestens drei Menschen, bis zu 30 weitere – darunter drei Deutsche – wurden verletzt. Die Explosion folgte auf eine Serie von Bombenanschlägen kurdischer Extremisten in Marmaris an der südlichen Ägäisküste, bei denen in der Nacht zum Montag 21 Menschen verletzt worden waren, darunter zehn britische Urlauber. Die Explosionen waren möglicherweise zeitlich auf den Amtsantritt des neuen türkischen Armeechefs Yasar Büyükanit am Montag abgestimmt, der als Hardliner in der Kurdenfrage gilt.

Unter den Verletzten in Antalya waren Touristen aus Israel und Jordanien sowie einige türkische Polizisten. Augenzeugen berichteten von einer Detonation vor einem Café. Nach der Explosion brach ein Feuer aus, das aber schnell gelöscht werden konnte. Der Explosionsort in einer Einkaufsstraße liegt nicht im Bereich des Jachthafens, um den sich der meiste Touristenverkehr in Antalya abspielt. Betroffen von der Explosion waren unter anderem ein Juwelier und eine Apotheke. In einer Straße unweit vom Explosionsort wurde ein verdächtiges Paket entdeckt, in dem eine Bombe vermutet wurde. Experten der Polizei riegelten die Gegend ab.

In Marmaris waren in der Nacht zum Montag drei Sprengsätze explodiert. Die erste Bombe ging in einem Pendelbus für Touristen hoch: Elf Türken und zehn britische Touristen wurden verletzt. Eine Dreiviertelstunde später detonierten in der Nähe zwei weitere Bomben, richteten aber nur Sachschaden an. Nur wenige Stunden zuvor hatte es in Istanbul ebenfalls einen Bombenanschlag gegeben, dabei wurden sechs Türken verletzt.

Die „Freiheitsfalken Kurdistans“ (TAK), ein Ableger der kurdischen Rebellengruppe PKK, bezichtigten sich am Montagabend zu den Explosionen in Marmaris und Istanbul und drohten mit weiteren Gewalttaten. Urlauber sollten nicht mehr in die Türkei kommen, das Land sei für Besucher „nicht sicher“.

Die Täter in Marmaris verwendeten Plastiksprengstoff des Typs A-4, der häufig von kurdischen Extremisten eingesetzt wird. Die unter einem Sitz in dem Pendelbus verstecke Bombe erinnerte auch an einen Anschlag im Ägäis-Badeort Kusadasi vom Sommer vergangenen Jahres, bei dem die Täter ebenfalls eine Bombe in einem Urlauber-Bus ablegten und dann per Handy zündeten. Damals starben fünf Menschen, darunter zwei Touristen. Der Anschlag von Kusadasi ging ebenfalls auf das Konto der TAK.

Die TAK hatte in den vergangenen Monaten mehrmals mit Anschlägen gegen Urlauber in der Türkei gedroht und bekannte sich im Juni zu einer Explosion im Ausflugsort Manavgat bei Antalya, bei der vier Menschen ums Leben kamen. Zudem zündete die Gruppe kürzlich eine Bombe auf einem belebten Platz in der Altstadt von Istanbul. TAK und PKK wollen mit dem Terror gegen Urlauber die türkische Fremdenverkehrsindustrie treffen, einen der wichtigsten Devisenbringer des Staates. Ziel ist es, Ankara gewissermaßen an den Verhandlungstisch zu bomben und die Freilassung von PKK-Chef Abdullah Öcalan sowie eine Generalamnestie für die rund 5000 PKK-Kämpfer durchzusetzen.

Die Bomben in Marmaris hatten aber wahrscheinlich auch noch einen anderen Adressaten: den neuen türkischen Generalstabschef Yasar Büyükanit, einen ausgewiesenen Hardliner, der am Montag sein Amt antrat. Gleich bei seiner Antrittsrede stellte Büyükanit klar, dass von ihm keine Zugeständnisse im Kurdenkonflikt zu erwarten sind. Neben dem islamischen Fundamentalismus sei der kurdische Separatismus die größte Gefahr für den türkischen Staat, sagte Büyükanit. Noch während der Live-Übertragung von Büyükanits Rede blendeten die türkischen Fernsehsender die Eilmeldungen über die Explosion in Antalya ein.

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