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Politik: Bouffiers gemischte Bilanz Seit 100 Tagen ist Hessens

Regierungschef im Amt

Wiesbaden - Hessen Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat eine positive Bilanz seiner ersten 100 Tage im neuen Amt gezogen. Es sei ihm gelungen, neue Akzente zu setzen, inhaltlich und im Stil. Mit dieser Bemerkung bekräftigte Bouffier seine Ankündigung, sich – anders als Vorgänger Koch – um Ausgleich zu bemühen. In den elf Jahren als hessischer Innenminister hatte Bouffier den „harten Hund“ gegeben. Nun will er Landesvater sein. Er gibt sich leutselig, klopft Freund und Feind gern auf die Schulter und spricht eine klare Sprache.

Doch bislang ist die „neue Gemeinsamkeit“, von der Bouffier in seiner Regierungserklärung sprach, noch nicht in der hessischen Landespolitik ankommen. Da ist zum Beispiel das Bemühen, eine Schuldenbremse im Parteienkonsens in der Landesverfassung zu verankern. Dabei blieben die Landtagsparteien im üblichen Klein-Klein verfangen. Die Linke lehnt die „Hessenbremse“ kategorisch ab. CDU, SPD, FDP und Grüne konnten sich zwar in zähen Verhandlungen auf einen gemeinsamen Text einigen. Doch der Ministerpräsident und sein Gegenspieler, SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel, reklamieren jeweils, die Initiative zu den gemeinsamen Gesprächen ergriffen zu haben. Die Änderungen an dem Vorschlagstext von CDU und FDP, die SPD und Grüne erreicht haben, nennt FDP-Fraktionschef Florian Rentsch verächtlich „Verfassungsprosa“. SPD und Grüne rechnen sich die sieben Worte, um die der Entwurf erweitert wurde, als einen großen Erfolg an. Nach ihrer Lesart eignet sich der Verfassungsartikel nun nicht mehr als Instrument zum Abwürgen des Sozialstaats. Der neue Text erinnere an die Verpflichtung des Landtags, auch für zureichende Einnahmen zu sorgen, auch für die Kommunen.

Der Ministerpräsident nennt die Einführung der Schuldenbremse „die wichtigste Entscheidung“ seiner bisherigen Amtszeit. Das verwundert, denn die Verpflichtung der Länder, ab 2020 auf weitere neue Schulden zu verzichten, steht ohnehin im Grundgesetz und ist somit längst auch für Hessen bindend. Mit der geräuschvoll verhandelten eigenen Verfassungsänderung regeln die Hessen lediglich die Ausnahmen.

„Ideen- und konzeptionslos“ agiere der neue Ministerpräsident, bilanziert denn auch Grünen-Chef Tarek al Wazir die ersten 100 Tage Bouffiers. Von einem „Frühstücksministerpräsidenten, der das Land mit rosaroter Brille betrachtet“, spricht SPD-Chef Schäfer-Gümbel. Bouffier belegt den „hervorragenden Start eines starken Bündnisses“ im Wesentlichen mit Wirtschaftszahlen: Erstmals gebe es in Hessen mehr Ausbildungsplätze als Bewerber, und die Zahl der Arbeitslosen habe einen neuen Tiefstand erreicht.

Zwei von Bouffiers neuen Ministern sind indes vor allem mit Altlasten beschäftigt. Finanzminister Thomas Schäfer musste einräumen, dass mehrere Auftragsvergaben des Landes rechtswidrig ohne Ausschreibung erfolgt waren. Innenminister Boris Rhein plagt sich mit negativen Schlagzeilen über Mobbing und Führungsfehler in der hessischen Polizei herum. Christoph Schmidt-Lunau

Christoph Schmidt-Lunau

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