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Das Frachtschiff

© dpa

Politik: Bremer Schiff wieder frei

Die Besatzung des gekaperten Frachters „Beluga Fortune“ harrte in einem Schutzraum an Bord aus und ließ Piraten ins Leere laufen

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Berlin - Fortune heißt Glück. Und das hatte die Besatzung der „MS Beluga Fortune“. Zumindest Glück im Unglück: Zwar wurde der Mehrzweckfrachter am Sonntagmorgen von somalischen Piraten gekapert. Aber schon nach anderthalb Tagen vermeldete die Bremer Reederei Beluga Shipping am Montagnachmittag: Das Schiff ist wieder frei. Die 16 Mann Besatzung, darunter zwei Deutsche, blieben „glücklicherweise unversehrt“, der Frachter wurde nur leicht beschädigt, und der erleichterte Reeder Niels Stolberg braucht kein Lösegeld zu zahlen. Damit kam er glimpflicher davon als bei einem ersten Piratenüberfall vor zwei Jahren. Damals wurde die „BBC Trinidad“ im Golf von Aden entführt. Erst nach Zahlung eines Lösegelds – laut Stolberg ein „niedriger einstelliger Millionenbetrag“ in US- Dollar – endete das dreiwöchige Drama.

Stolberg ließ danach seine komplette Flotte, immerhin 69 Frachter, besonders schützen: mit Wasserkanonen samt möglicher Reizgasbeimischung, mit Stacheldrahtrollen und dem Einbau eines Schutzraums, in dem sich die Besatzung notfalls verbarrikadieren kann. Das tat die Crew der „Beluga Fortune“ am Sonntag auch. Heike Proske, Generalsekretärin der Deutschen Seemannsmission, weiß aufgrund ihrer Arbeit von solchen „Panikräumen“ zu berichten. „Ein Panikraum lässt sich abschließen, ist gut belüftet und verfügt über genügend Platz etwa für Schlafmatten.“ Zudem seien entsprechende Schutzräume auch mit sanitären Anlagen und Kommunikationseinrichtungen wie Funkanlagen oder Telex ausgestattet. Vor allem zahlreiche europäische Reedereien, deren Routen durch das als „gefährlich“ eingestufte Seegebiet am Horn von Afrika führen, hätten ihre Schiffe inzwischen mit entsprechenden Schutzräumen ausgestattet, sagte Proske.

Am Sonntag empfing die Reederei um 7 Uhr 08 Uhr einen Notruf der „Beluga Fortune“, die von den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Südafrika unterwegs war. Ein Piratenangriff stehe unmittelbar bevor, funkte die Besatzung nach Bremen, wie die Reederei berichtete. Die Crew verbarrikadierte sich im Schutzraum und ließ die Piraten ins Leere laufen. Die Angreifer konnten nichts mehr ausrichten, weil die Besatzung die Hauptmaschine, die Treibstoffzufuhr und die Kommandobrücke lahmlegte und ein vor Ort kreisendes Aufklärungsflugzeug der europäischen Anti-Piraten-Mission „Atalanta“ über die Lage an Bord informierte. Als dann auch noch binnen weniger Stunden ein Kriegsschiff zur Hilfe kam, flüchteten die Piraten. „Wir sind sehr stolz auf unser Team an Bord“, freute sich Reeder Stolberg, der Landes- und Bundeskriminalamt sowie das Auswärtige Amt eingeschaltet hatte.

Ob auch der Flüssiggastanker „York“ über einen Panikraum verfügt, ist nicht bekannt. Das unter der Flagge Singapurs fahrende Schiff unter dem Kommando eines deutschen Kapitäns war am Sonnabend vor Kenia entführt worden. Die Gefahr, das Schiff könne von den Piraten als schwimmende Bombe eingesetzt werden, besteht nach Einschätzung deutscher Sicherheitskreise nicht. Ein solches Szenario sei auszuschließen, weil die Entführer nicht mehr auf einen „Überraschungseffekt“ zählen könnten. Zudem sei kein Hafen dazu bereit, den Tanker einlaufen zu lassen, wenn auch nur ansatzweise die Gefahr eines Anschlags bestehe. Darüber hinaus gebe es bislang keine Hinweise auf Verbindungen zwischen den Piraten und Al Qaida oder der somalischen Shabab-Miliz. Die Entführung der „York“ passe eher in das klassische Schema, nach dem Lösegeld erpresst werden soll.

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