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Die britische Regierungschefin Theresa May.

© Daniel Leal-Olivas/AFP

Brexit: Der Jubel währt nur kurz

Nach dem Durchbruch bei den Verhandlungen waren die Anhänger eines "harten Brexit" zunächst voll des Lobes für Regierungschefin May. Doch dann befassten sie sich mit dem Kleingedruckten.

Am vergangenen Freitag hatten die Brexit-Hardliner noch gejubelt. Nachdem die britische Regierungschefin Theresa May in Brüssel eine Vereinbarung mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gebilligt hatte, gratulierte ihr sogar Außenminister Boris Johnson per Twitter zu ihrer „Entschlossenheit“ im entscheidenden Moment der Brexit-Verhandlungen. Was in diesen Stunden nach der Einigung am Freitagmorgen für die Brexiteers vor allem zählte, war die Tatsache, dass sich die EU-27 und Großbritannien demnächst den Verhandlungen über ihre künftigen Handelsbeziehungen zuwenden können.

Doch je genauer sich die Anhänger eines „harten Brexit“ am Wochenende das Einigungsdokument ansahen, umso mehr verflog ihre Euphorie. Umweltminister Michael Gove, der zu den entschiedensten Brexit-Befürwortern zählt, schrieb in einem Beitrag für den „Daily Telegraph“, dass die Briten bei der nächsten Unterhauswahl der Regierung die Möglichkeit geben könnten, von der geplanten Brexit-Vereinbarung mit der EU wieder abzuweichen.

Davis: Passus zur Irland-Regelung ist rechtlich nicht bindend

Erst nach tagelangen Verhandlungen war es May am Freitag geglückt, eine erste Einigung mit den EU-27 in den drei Trennungsfragen – der EU-Austrittsrechnung, den Rechten der EU-Bürger und der Grenze auf der irischen Insel – zu erzielen. Verhakt hatten sich die Verhandlungen zuletzt in der Frage, wie bei einem EU-Austritt Großbritanniens die Grenze zwischen der Republik Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland offen bleiben kann. Einen Ausweg aus der Klemme bot die Formulierung in der Vereinbarung zwischen May und Juncker, dass der kontrollfreie Grenzverkehr in der Region durch eine „volle Anpassung“ des Vereinigten Königreichs an das Regelwerk des EU-Binnenmarktes gewährleistet werden solle. Allerdings relativierte Londons Brexit-Minister David Davis am Sonntag die Einigung in diesem Punkt. Davis sagte in einem BBC-Interview, die Formulierung sei rechtlich nicht bindend. Vielmehr handele es sich um eine „Absichtserklärung“.

Der Streit ums Geld könnte sich noch länger hinziehen

Dagegen hatte Finanzminister Philip Hammond erklärt, dass Großbritannien in jedem Fall seinen internationalen Verpflichtungen im Rahmen der Brexit-Verhandlungen nachkommen werde. In der vergangenen Woche hatte Hammond betont, dass das Vereinigte Königreich auch dann die EU-Austrittsrechnung – im Gespräch ist in London eine Summe von 40 bis 45 Milliarden Euro – zahlen werde, falls kein Freihandelsvertrag mit der EU zu Stande komme. Dagegen sagte Davis am Sonntag, dass London die Rechnung nicht bezahlen werde, wenn es keine Vereinbarung mit der EU geben sollte. Allerdings fügte er auch beschwichtigend hinzu, dass seit der Einigung vom Freitag die Wahrscheinlichkeit eines „No deal“-Szenarios „dramatisch gesunken“ sei.

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