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"Britische Islamophobie": Die Attacke der Baroness Warsi

Das erste muslimische Kabinettsmitglied der britischen Geschichte hat mit Kritik an der "Islamophobie" Großbritanniens eine Kontroverse ausgelöst.

Noch bevor Baroness Sayeed Warsi am Donnerstagabend ihre Rede hielt, diskutierten Medien und Blogger die Attacke gegen „Intoleranz“ und „Bigotterie“ gegenüber Muslimen. Diese zu kritisieren und zu attackieren werde als „normal und unkontrovers“ empfunden. „Islamophobie hat den Dinnerparty-Test bestanden“, sagte die Ministerin ohne Geschäftsbereich nach den im „Daily Telegraph“ vorab zitierten Passagen. Muslime und Religion überhaupt würden „von oben herab“ behandelt, Muslime würden entweder als „Extremisten“ oder „Moderate“ eingestuft. Damit werde Intoleranz geschürt. Warsi forderte Muslime auf, Extremisten zu ächten. Aber wegen weniger Terroristen dürften nicht alle Muslime verurteilt werden. „Wer an einer Muslimin in Burka vorbeigeht, denkt, entweder ist es eine unterdrückte Frau oder sie will eine politische Erklärung machen.“

Politiker schwiegen meist zu den Äußerungen. Doch der Tory-Rechte Norman Tebbit, der unter Margaret Thatcher Warsis Parteiamt bekleidete, riet ihr sarkastisch, ihre Rede nicht zu halten. „Wir sprechen über Muslime bei Dinnerpartys und in Pubs erst, seit sie hier in so großer Zahl ankommen. Ich würde ihr raten, in eine christliche Kirche zu gehen und zu hören, was über ihren Glauben gesagt wird, und dann in einer Moschee zu hören, was dort über Christen gesagt wird.“

Websites wurden mit meist negativen Kommentaren überschwemmt. Der „Daily Telegraph“ stellte die Kommentarmöglichkeit zu seinem Bericht nach wenigen Stunden ein. Sie wurde kritisiert, dass ihre Sprachkritik das Wort „Extremisten“ zu eng auslege. „Islam besteht aus sehr viel mehr barbarischen Grausamkeiten als Selbstmordbombern, wie Ehrenmorden, Zwangsehen, der Unterdrückung von Frauen und Homosexuellen usw. All das ist mit einer liberalen Gesellschaft unvereinbar“, schrieb ein Journalist im Blog des Magazins „Spectator“. Andere warfen Warsi vor, ein muslimisches „Verfolgungsgefühl“ zu schüren.

Von den 63 Millionen Menschen in Großbritannien sind fast drei Millionen Muslime – in weniger als zehn Jahren hat sich ihre Zahl verdoppelt. Die wenigsten haben den Zugang zur britischen Mittelklasse gefunden oder gesucht, auf die Warsis Sprachbild von der „Dinnerparty“ gemünzt ist. Viele kommen aus Pakistan oder Bangladesh und stehen dem aufklärungsfeindlichen Wahhabismus nahe. In Pakistan wurde vor kurzem ein Minister erschossen, der für die Abschaffung der Blasphemiegesetze plädierte, die zur Legitimation von Christenverfolgung dienen.

Briten halten sich traditionell für liberal und tolerant in Glaubensfragen, doch zunehmend verbreiten sich Religionsskepsis und aggressiv bekundeter Atheismus. Während sich Politiker wie Labourchef Ed Miliband oder Vizepremier Nick Clegg öffentlich als Atheisten bezeichnen, kritisierten christliche Kirchenvertreter, auch Papst Benedikt XVI., den schwindenden Respekt für die Religion. Warsi sagte nach dem Redetext, sie habe den Papst gebeten, zu einem besseren „Verständnis zwischen Europa und seinen Muslimen“ beizutragen.

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