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Politik: Brücke nach Rom

Der Kirchentag in Hannover sendet Zeichen für eine weitere Annäherung der Konfessionen

Brücken, die heute gebaut werden, halten, wenn es gut geht, 100 Jahre. Wie schwierig es ist, Brücken zu bauen, die noch in tausend Jahren stehen, zeigt die Ökumene, die Annäherung der beiden großen Amtskirchen. Bischof Wolfgang Huber, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, wünscht sich einen „neuen ökumenischen Impuls“ vom Kirchentag in Hannover. Denn nach dem gemeinsamen Christentreffen in Berlin vor zwei Jahren, nach dem umstrittenen gemeinsamen Abendmahl und der römischen Strafaktion gegen die beteiligten katholischen Priester ist es still geworden zwischen den beiden Kirchen.

Nun aber gibt es, glaubt man Kardinal Karl Lehmann, dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Grund für neue Hoffnung. Nicht nur, dass Papst Benedikt XVI. schon in der ersten Amtswoche einem nächsten ökumenischen Kirchentag 2010 in München zustimmte, ist für ihn ein Zeichen. „Ich bin mir sicher, dass die Zerrissenheit der christlichen Kirche wie ein tiefer Stachel in diesem Papst steckt“, sagte Kardinal Lehmann auf einem Podium zum Thema „Sehnsucht nach Einheit“. „Als Papst kann Joseph Ratzinger vielleicht wieder etwas weiter schauen.“ Als ein anderes Zeichen dafür interpretiert Lehmann einen Satz, den der Papst kurz nach seiner Wahl zu Kardinal Walter Kasper gesagt habe: „Wir werden den Weg der Ökumene gemeinsam fortsetzen.“ Kasper lag als Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen in Rom in der Vergangenheit nicht immer auf einer Linie mit seinem Kardinalskollegen Joseph Ratzinger. Es stehe ein „hartes Stück Arbeit bevor, um die Steilhänge zu überwinden, aber es gibt keine Alternative“, sagte Lehmann unter tosendem Applaus. „Wenn man gemeinsam christliche Kirche ist, darf die Einheit des Mahls vor dem Herrn nicht fehlen.“

Bischof Huber hat dabei ein ehrgeiziges Ziel: „Ich hoffe sehr, dass wir beide das noch in unserer Amtszeit hinkriegen.“ Als Zeichen, dass die Annäherung weitergeht, schlug er die gegenseitige Fußwaschung von Katholiken und Protestanten vor. Damit könne man unterstreichen, dass man sich gegenseitig Diener sein wolle.

Vielen Laien, gerade den jungen, ist der theoretische Streit der beiden Kirchen um das Amtsverständnis, um Abendmahl und Eucharistiefeier unverständlich. Sie wollen aus dem gemeinsamen Erbe schöpfen. Zum Beispiel, wenn in Hannover Abend für Abend tausende Zwanzigjährige zu Taizé-Gebeten zusammenkommen. Da fragt keiner, wer evangelisch oder katholisch ist. „Wir wollen zusammen Spaß haben und das Christsein entdecken“, sagte etwa der 21-jährige Marcel. Auch bei der Suche nach neuen spirituellen Wegen sind die Konfessionen egal. Für dieses geradezu boomende Bedürfnis gibt es in Hannover zum ersten Mal eine eigene „Halle der Spiritualität“. Junge Frauen hören hier andächtig einer Nonne zu, die über ihr Klosterleben berichtet. Andere lassen sich von buddhistischen „Wegen der Selbstheilung“ inspirieren oder von dem Schweizer Jesuitenpater Klaus Brantschen. Mit Unterstützung der UN veranstaltet er Friedenscamps in Jerusalem und bringt Israelis, Palästinenser und Westeuropäer mit einer Mischung aus Spiritualität und Politik zu neuen politischen Lösungen. „Wer hindert uns, etwas Neues, Verrücktes zu tun“, fragt er und gibt die Antwort: „Niemand. Jeder kann in die Welt hinausgehen und etwas tun.“

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