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Martin Schulz, Präsident des EU-Parlaments.

© AFP

Brüssel: EU-Parlament droht mit Nein zum Haushalt

Die EU nimmt einen zweiten Anlauf für eine Einigung auf den Haushalt bis 2020. Nicht nur London, auch Berlin pocht auf Einsparungen. Weitere Kürzungen sollen ein Scheitern verhindern. Doch das EU-Parlament droht mit einer Blockade.

Im Streit um die künftige Finanzierung der Europäischen Union geht das Europaparlament auf Konfrontationskurs zu den EU-Staaten. Einen Tag vor dem Budget-Sondergipfel in Brüssel drohte am Mittwoch Martin Schulz, der Präsident des Europaparlaments, den Staats- und Regierungschefs mit einem Veto. Dem Europaparlament gehen die beim EU-Budgetgipfel angestrebten Kürzungen zu weit. Die Staats- und Regierungschefs brauchen aber dessen Ja für die Finanzplanung bis 2020.

„Ich habe große Zweifel daran, dass die Finanzplanung zustande kommt. Die Positionen liegen einfach zu weit auseinander“, sagte Schulz dem Tagesspiegel. Dem Sparen habe sich das Parlament nie verweigert. „Sonst hätten wir nicht den Stabilitätspakt so verschärft, wie wir das getan haben“, sagte Schulz. Er forderte aber vor allem eine reformierte Landwirtschaft und eine Strukturpolitik, die den Schwerpunkt auf Beschäftigung, Bildung und neue Technologien legt.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rief zu Kompromissbereitschaft auf und warnte vor einem neuen Scheitern. Über die finanzielle Vorausschau für die Jahre 2014 bis 2020 wird seit Monaten gestritten. Die EU-Kommission fordert ein Budget in Höhe von gut einer Billion Euro und wird dabei vom Europaparlament unterstützt. Ein erster Versuch, den Streit beizulegen, scheiterte im November. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte zuletzt vorgeschlagen, den Kommissionsentwurf um 80 Milliarden Euro zu kürzen. Diese Einsparungen gingen vor allem Deutschland und Großbritannien nicht weit genug.

Ein abermaliges Scheitern der Verhandlungen wurde in Berliner Regierungskreisen ausdrücklich nicht ausgeschlossen. „Eine Garantie für einen Abschluss gibt es nicht“, hieß es am Mittwoch in Berlin.

Vor dem Gipfel zeichnete sich ab, dass die vom französischen Staatspräsidenten François Hollande genannten 960 Milliarden Euro für den Siebes-Jahres-Zeitraum als „Landungszone“ für den Gipfel gesehen werden. Gipfelchef Herman Van Rompuy zeigte sich zuversichtlich. Er werde einen neuen Vorschlag mit „einigen Anpassungen“ machen.

In Brüssel war von weiteren Kürzungen in der Größenordnung von 15 Milliarden Euro die Rede. Van Rompuy hatte im November einen Finanzrahmen mit einem Umfang von 971,9 Milliarden Euro vorgeschlagen. Inklusive Nebenhaushalten sind es 1009 Milliarden Euro. Einschnitte solle es bei der Verwaltung und beim Posten „Wettbewerbsfähigkeit für Wachstum und Jobs“ geben, nicht aber bei den Töpfen für die Landwirtschaft und arme Regionen.

Cameron und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten im November weitere Kürzungen von etwa 30 Milliarden gefordert - der sich jetzt abzeichnende Schritt würde ihnen etwa auf der Hälfte des Weges
entgegenkommen. In Berlin wurde betont, dass die Verhandlungen relativ weit fortgeschritten seien und ein Erfolg des Gipfels erreichbar sei. Aber nur „wenn jeder bereit ist, bei seinen Zielen ein paar Abstriche“ zu machen.

Hollande und Merkel wollten am Mittwochabend in Paris am Rande des Fußballspiels Frankreich-Deutschland über Kompromisslinien beraten. EU-Diplomaten erwarteten keinen förmlichen Vorschlag der beiden Staatenlenker. Die Bundesregierung sieht sich mit Frankreich „auf einer Ebene“.

Die Bundesregierung sei sich zudem bewusst, dass Deutschland als Nettozahler unter dem Strich einen stärkeren Beitrag zu leisten habe als in der vergangenen Finanzperiode. Dies sei auch Ausdruck der guten Wirtschaftsentwicklung. Auch deswegen würden künftig weniger Fördermittel in wirtschaftsschwache Regionen zurückfließen - also vor allem nach Ostdeutschland. (mit dpa)

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