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Politik: BSE-Krise: Zeit der Ernte

Seinen Triumph und seine Hoffnung verpackt Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf in die Sprache der Bauern. Für die Umweltverbände sei nun "die Zeit der Ernte" gekommen, sagt der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Vorsitzende im Agrarausschuss des Europa-Parlaments.

Seinen Triumph und seine Hoffnung verpackt Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf in die Sprache der Bauern. Für die Umweltverbände sei nun "die Zeit der Ernte" gekommen, sagt der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und Vorsitzende im Agrarausschuss des Europa-Parlaments. Er spricht von der BSE-Krise und ihrer aus seiner Sicht überfälligen Folge: einer "grundlegenden Neuorientierung" in Landwirtschaft, Handel und Ernährungsindustrie.

Anders als die Spitze des Deutschen Bauernverbandes, die "in enger Kungelei mit der Agrarindustrie und den früheren Landwirtschaftsministern" diese Reform gebremst habe, setze man auf ein gesellschaftliches Gegenbündnis für "moderne bäuerliche Zukunftslandwirtschaft". Wie zum Beweis dafür, dass man es nicht erst aus dem Boden stampfen muss, sitzen Natur- und Tierschützer an diesem Montag in der Katholischen Akademie Berlin mit am Tisch. Gemeinsame Pressekonferenz zu Erwartungen und Forderungen an die künftige Agrarpolitik. "Wir müssen nicht bei Null anfangen", versichert Grünen-Politiker Baringdorf. "Wir sind vorbereitet. Und uns im Kern auch einig."

Das beginnt beim Beifall für den neuen Zuschnitt des Agrarministeriums und für die Deutlichkeit, mit der Kanzler Schröder die Agrarwende eingefordert hat. Es umfasst konkrete Vorstellungen für die künftige Agrarförderung. Und es endet im Drängen, es jetzt bloß nicht bei kurzfristigem Krisen-Management bewenden zu lassen.

So fordert die AbL, künftig alle Prämien und Ausgleichszahlungen an soziale und ökologische Kriterien zu binden. Bäuerliche Betriebe müssten aus den "Zwängen des Wachsens oder Weichens" herausgeholt werden, mit der Honorierung möglichst großer Flächen oder Vieh-Stückzahlen müsse Schluss sein. Mit Bauern-Belohnung allein lasse sich der Ökolandbau aber auch nicht voranbringen; Vermarktung, Aufklärung und Forschung müssten ebenfalls gefördert werden. Bislang sei der Regierung Verbraucherschutz ja "nicht mehr wert gewesen als ein belegtes Brötchen", rechnet Gerd Billen, der Geschäftsführer des Naturschutzbundes Deutschland, vor: 2 Mark 50 pro Kopf und Jahr. Verlässliche Herkunfts- und Prüfsiegel seien aber dringend nötig.

Zehn Prozent Biolandbau - bei gemeinsamer Anstrengung sei das von Kanzler Schröder ausgegebene Ziel nicht erst in zehn, sondern schon in fünf Jahren erreichbar, meint Nabu-Geschäftsführer Billen. Doch bei aller Begeisterung über die mögliche Ausweitung solcher Anbaumethoden dürften konventionell arbeitende Bauern nicht aus dem Blick geraten. Nötig, so Baringdorf, sei eine "Ökologisierung" der gesamten Landwirtschaft.

Bloß nicht große gegen kleine und Ökobauern gegen herkömmlich wirtschaftende Landwirte ausspielen - darin sind sich die Umweltverbände einig. Inzwischen werde doch "an der Landwirtschaft mehr verdient als in der Landwirtschaft", schimpft Hubert Weiger, der agrarpolitische Sprecher des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Die Lobby der Futtermittelindustrie habe die Intensivproduktion vorangetrieben. Und die Bauern seien vielfach Opfer falscher Politik. "Für eine Tonne Getreide erhalten die heute weniger als sie für die Beseitigung einer Tonne Müll zahlen müssen."

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