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Auch Frankreichs Staatschef Francois Hollande weiß, dass die Europapolitik in den kommenden Jahren wesentlich von Angela Merkel abhängt.

© dpa

Reaktionen aus Brüssel: Das Aus für die FDP freut viele Europäer

Nach dem Sieg der Union bei der Bundestagswahl hoffen viele Brüsseler Diplomaten auf eine Große Koalition. Durch das Aus für die FDP könne die europäische Zusammenarbeit vereinfacht werden. Viel ändern werde sich dennoch nicht, heißt es in Brüssel.

An Gratulanten hat es am Sonntagabend und Montagvormittag nicht gemangelt. Frankreichs Staatschef Francois Hollande war einer der ersten, Polens Premier Donald Tusk folgte später, dafür umso begeisterter. „Ich freue mich darauf“, teilte wiederum EU-Ratschef Herman Van Rompuy mit, „meine enge Zusammenarbeit mit Angela Merkel weiterzuführen.“ Sie alle wissen, dass ihre Politik in den nächsten Monaten und Jahren wesentlich von der Kanzlerin abhängt. „Mit diesem Ergebnis im Rücken ist Merkel im Europäischen Rat endgültig der primus inter pares“, sagt am Tag nach der Bundestagswahl zum Beispiel ein hochrangiger Beamter aus Belgien: „Sie kann nun ihre Forderungen gegenüber den anderen Staats- und Regierungschef noch besser durchsetzen.“

Die Koalition, der die gestärkte Merkel vorstehen wird, steht noch nicht fest – doch rechnen in Brüssel die meisten damit, dass es eine mit der SPD sein wird. „Alle anderen Optionen“, lautet die Einschätzung eines EU-Diplomaten, „scheinen unrealistisch.“

Wenn man so will, wäre das die Brüsseler Wunschkoalition. Offiziell traut sich das natürlich niemand zu sagen, lediglich Italiens ehemaliger Ministerpräsident Mario Monti äußerte in einem Interview die Hoffnung, dass Deutschland in dieser Konstellation „einen klaren, aber etwas entspannteren Kurs“ verfolgen werde.

Unter der Hand sind, etwa in der EU-Kommission, klarere Worte zu hören. „Mit einer neuen Koalition wird die europäische Zusammenarbeit leichter sein als es mit der FDP war“, sagt ein Kommissionsbeamter. „Die Liberalen sind die wirtschaftspolitischen Hardliner in Europa und haben viele sinnvolle politische Entscheidungen verhindert oder verwässert.“

Wenn es um die anstehenden Entscheidungen zu Griechenland, Irland, der Bankenunion oder der Klimapolitik geht, klingt es an diesem Tag nicht nur in Brüssel, sondern auch in anderen EU-Hauptstädten ähnlich. „Mit der SPD gibt es mehr politischen Spielraum.“ Hannes Swoboda, der österreichische Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, hat seinen deutschen Parteifreunden schon geraten, trotz der schlechten Erfahrungen erneut Merkels Juniorpartner zu geben: „Wir brauchen sozialdemokratischen Einfluss in der deutschen Regierung, um in Europa fortschrittliche Reformen zu erreichen.“

So naiv, eine grundlegende Kurskorrektur etwa hin zu einem Ende der Sparpolitik zu erwarten, ist aber niemand. „Merkels Kurs in der Europapolitik ist ja gerade bestätigt worden“, sagt der Vertreter eines Eurolandes. Andererseits sei „eine weniger strikte Austeritätspolitik in den vergangenen Monaten mit Zustimmung der Kanzlerin bereits eingeleitet worden“. Gemeint ist, dass Frankreich, die Niederlande oder Spanien mehr Zeit zum Sparen bekommen haben. „Viel ändern wird sich nicht“, glaubt der Diplomat, „Deutschland wird höchstens ein bisschen pragmatischer handeln.“

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