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Skeptischer Blick, auch auf die Geschichte seines Ministeriums. Minister Heiko Maas ließ dazu eine Untersuchung veröffentlichen.

© Axel Schmidt / Reuters

Bücher unter Druck: Justizministerium möchte Nazi-Namen aus Gesetzeskommentaren streichen

Der "Palandt" ist die Bibel im Zivilrecht. Der NS-Funktionär und Namensgeber ist lange tot, sein Werk heißt weiter so. Schandfleck oder Marke? Nicht nur Juristen streiten.

Einer der führenden NS-Juristen prägt den deutschen Rechtsstaat bis heute – wenn auch nur mit seinem Namen. Otto Palandt, Präsident des Reichsjustizprüfungsamtes, drillte den Nachwuchs für den Führerstaat und deklarierte die Universitäten zum „Kampfplatz“ um, auf dem nur noch männliche Studierende die „völkischen Grundlagen der Wissenschaft“ erforschen sollten. Der nach ihm benannte Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch gilt bis heute als Standardwerk. Ein Klotz mit mehr als 3000 Seiten, erschienen in 76. Auflage. Am „Palandt“ kommt keiner vorbei, der sich in Deutschland mit Zivilrecht befasst.

Eine gute Debatte, findet das Justizministerium

Damit soll jetzt Schluss sein. Janwillem van de Loo, Jura-Promovend an der Uni Bremen, hat in der „Juristenzeitung“ eine Initiative auf den Weg gebracht. Der Palandt soll umbenannt werden. Prominentester Unterstützer ist ab sofort das von Heiko Maas (SPD) geführte Justizministerium: „Wir halten es für gut, dass Studierende eine Debatte angestoßen haben.“ Ein glühender Nazi sei kein guter Namenspatron für einen wichtigen Gesetzeskommentar, heißt es.

Der "Palandt" habe ein "Eigenleben", meint der Verlag.

Brauner Schandfleck oder Marke und Mahnmal? Die Meinungen in der Zunft gehen auseinander. Der Verlag C.H. Beck findet den Vorstoß „legitim“, hat sich aber nach „erneuter reiflicher Prüfung“ dagegen entschieden. Palandt ist lange tot, aber der „Palandt“ habe ein „Eigenleben entwickelt“, das nach Ansicht des Verlags offenbar Unsterblichkeit verdient. Es handelt sich auch nicht um den einzigen NS-Juristen, der sich mit einem bis heute aktualisierten Werk verewigt hat. Ein anderer ist Theodor Maunz, ein Hochschullehrer, der über die „Gesamtgewalt der Führergewalt“ fabulierte und den der führende Grundgesetzkommentar „Maunz/Dürig“ im Namen trägt. Auch ein Produkt aus dem Beck-Verlag.

Der Name Eduard Drehers wurde getilgt

Einen stillen zweiten Tod starb immerhin Eduard Dreher, der als Staatsanwalt für Todesurteile gegen „Volksschädlinge“ mitverantwortlich war und als leitender Beamter im Bundesjustizministerium mit gesetzgeberischen Mitteln eine Verjährung für NS- Täter herbeitrickste. Sein Strafrechtskommentar – aus dem Beck-Verlag – heißt heute nach dem Alleinautor Fischer, Ex-Richter am Bundesgerichtshof. Allein im Justizministerium stehen 73 Ausgaben des „Palandt“ in den Regalen. Direkt an den Verlag herantreten wollte man gleichwohl nicht. Das Ministerium hat seine eigene braune Geschichte gerade erst aufarbeiten lassen. Erschienen ist sie bei Beck.

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