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Politik: Bündnis gegen den Bund

Ob Ladenschluss, Kinderbetreuung oder Hochschulen – der Eigenwille der Länder wächst

Berlin Seit das Bundesverfassungsgericht in jüngster Zeit einige Entscheidungen zu Gunsten der Länder getroffen hat – etwa beim Ladenschluss oder der Juniorprofessur – wächst in den Landeshauptstädten der Mut, Bundestag und -regierung herauszufordern: Man will die eigenen Spielräume erweitern. An diesem Freitag im Bundesrat ist eine ganze Reihe von Anträgen auf der Tagesordnung, mit denen die Länder exemplarisch ihre Befreiung aus der Fuchtel des Bundes auf den Weg bringen wollen: Ladenschluss, Kinderbetreuung, Hochschulpersonal, Gerichtsaufbau, Hochwasserschutz, Bürokratieabbau, Verwaltungsreform.

Der Tenor des kleinen Länderaufstands gegen zu viele Bundesvorgaben: Berlin sei, zumal nach den Karlsruher Urteilen, nicht mehr zuständig oder überschreite sein Recht zur Rahmensetzung bei weitem durch zu detaillierte Vorgaben. Beim Ladenschluss etwa sind die Länder einstimmig der Ansicht, dass der Bund hier gar nichts mehr zu sagen habe.

Bei anderen Punkten ist nur die Unionsmehrheit im Bundesrat dahinter, die SPD- geführten Regierungen dagegen stehen etwas abseits mit Rücksicht auf die rot- grüne Koalition. Zum Beispiel beim so genannten Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG). Dieses Projekt der Bundesregierung soll das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren deutlich erhöhen. Bezahlt werden soll dies durch die Entlastung der Kommunen aus der Hartz-IV- Reform. Den Ländern passt das nicht, auch wenn sie das Anliegen eigentlich gutheißen. „Hier reißt der Bund wieder ein Thema an sich, für das er nicht zuständig ist“, sagt der Stuttgarter Bundesratsminister Rudolf Köberle (CDU). „Wir haben verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Gesetz, weil es Ländern und Kommunen zu viele zentrale Vorgaben macht“, sagt Bayerns Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU) und fügt hinzu: „Wir bejahen das Ziel, aber wir brauchen das Bundesgesetz nicht dafür.“ Zumal es die Kommunen über Gebühr belaste. Im Gegensatz zum ähnlich gelagerten Fall beim Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung, das die Länder murrend hinnahmen, deutet sich für das rot-grüne TAG ein Ende im Bundesrat an.

Entscheidungen in der Föderalismuskommission, die die Zuständigkeiten von Bund und Ländern neu tarieren soll, wollen die Länder nicht abwarten. Das stößt wiederum bei Rot-Grün auf Unmut: Dort würde man lieber die Streitpunkte im Gesamtpaket verhandeln, was das übliche Geben und Nehmen erleichtert. Zudem wundert man sich etwas über den plötzlichen Eifer der Länder. Denn seit der letzten Verfassungsreform 1994 gibt es die Möglichkeit, auf dem Gesetzesweg Zuständigkeiten auf die Landesebene zurückzuholen. „Davon hat der Bundesrat aber kein einziges Mal Gebrauch gemacht“, heißt es in der SPD-Bundestagsfraktion.

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