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Die Flüchtlingscamps der UN sind über das gesamte Land verteilt.

© dpa

Bürgerkrieg im Südsudan: Das Elend wächst

Im Südsudan treibt der Bürgerkrieg immer mehr Menschen in die Flucht. Doch nur rund ein Drittel von ihnen findet in einer der UN-Stützpunkten Schutz. Die Mehrheit versteckt sich unter Bäumen, trinkt oft verdrecktes Flusswasser. Immerhin haben am Freitag die Friedensgespräche begonnen.

Im Südsudan wird die Lage immer kritischer. Sowohl die Vereinten Nationen als auch internationale Hilfsorganisationen warnten am Freitag vor dem wachsenden Elend der Vertriebenen, die vor den Stammeskämpfen zwischen den Dinka um Präsident Salva Kiir und den Nuer um den ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar die Flucht ergriffen haben. Nur rund ein Drittel der Flüchtlinge finde derzeit in den über das ganze Land verteilten UN-Stützpunkten Schutz, hieß es. Die Mehrheit verstecke sich unter Bäumen oder im Busch und trinke oft verdrecktes Flusswasser. Insgesamt befinden sich im Südsudan inzwischen fast 200 000 Menschen auf der Flucht.

Alle Vermittlungsbemühungen sind bislang erfolglos verpufft. Am Donnerstag sollten eigentlich Friedensgespräche in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba beginnen. Allerdings verzögerte sich deren Beginn gleich um einen Tag, zudem sprachen die Delegationen von Kiir und Machar zunächst nur mit den Vermittlern des ostafrikanischen Staatenblocks. Erst an diesem Samstag soll es direkte Kontakte geben. Umstritten ist vor allem, wie ein inzwischen lose vereinbarter, aber nicht eingehaltener Waffenstillstand fair überwacht werden kann.

Gegenwärtig kämpfen beide Seiten vor allem um die lukrativen Ölfelder im Norden des Südsudan, deren Einnahmen eine gewisse Unabhängigkeit von den internationalen Hilfsorganisationen garantieren. Rund 80 Prozent der einst gesamtsudanesischen Ölvorkommen liegen im Südsudan. Die weitgehende Teilung der Einnahmen zwischen dem Sudan und Südsudan erklärt sich damit, dass die Pipelines alle durch den Norden laufen – in die Hafenstadt Port Sudan am Roten Meer. Seit langem gibt es immer wieder heftigen Streit über den künftigen Verteilungsschlüssel für die Ölgelder, die sowohl für den Norden wie den Süden des Sudans überlebenswichtig sind.

Stammesfeindschaft offen ausgebrochen

Der gegenwärtige Konflikt ist vor allem ein Kampf um die geringen Ressourcen. Wie anderswo auf dem Kontinent spielen auch im Südsudan Eignung und Erfahrung bei der Vergabe von Posten kaum eine Rolle. Einziges Einstellungskriterium ist oft die richtige ethnische Herkunft. So versuchen die Dinka seit längerem, sich die lukrativsten Posten im Staatssektor zu sichern. Auch regiert Präsident Kiir nach Ansicht vieler Beobachter immer autokratischer.

Dies hat entscheidend dazu beigetragen, dass die seit der Unabhängigkeit nur mühsam übertünchte Feindschaft zwischen den Stämmen der Dinka und Nuer nun offen ausgebrochen ist: Im Zentrum der Kämpfe stand dabei bis vor kurzem der ethnisch gemischte Gliedstaat Jonglei und dessen größte Stadt Bor. Hier ist die Not derzeit auch besonders groß. Die Rebellen hatten die Stadt erst zum Jahreswechsel von der Regierung zurückerobert, was zur Flucht von bis zu 70 000 Zivilisten führte. Hilfsorganisationen sprechen von unmenschlichen Bedingungen.

Aber auch die Geberländer tragen eine gewisse Schuld an der Eskalation der Lage: Mehr noch als anderswo hatten sie im Südsudan in den letzten Jahren mit großzügigen finanziellen Hilfen versucht, einen Frieden zu erkaufen, den das Land nie gekannt hat. Einen echten Anreiz, das Land eigenständig zu entwickeln, hatten die neuen Machthaber deshalb nicht. Hier hat man sich längst an die Unterstützung von außen gewöhnt: So hatten die Vereinten Nationen den Südsudan schon während des langen Bürgerkriegs mehr als 20 Jahre lang durchgefüttert – eine Gegend, die eigentlich zu den fruchtbarsten in Afrika zählt.

Auch haben gewaltsame Zusammenstöße um Weide- und Ackerland in der Region eine lange Tradition. Wurden diese früher jedoch mit Macheten und Stöcken ausgefochten, ist die Zahl der Opfer durch den Einsatz von Maschinengewehren und anderen modernen Waffen nun ungleich höher. Vor allem aber ist den Dinka und Nuer der gemeinsame Feind abhandengekommen: Was die beiden lange Zeit zumindest halbwegs zusammenschweißte, war vor allem die gemeinsame Feindschaft gegenüber dem islamischen Regime in Khartum, das den christlich-animistischen Süden jahrzehntelang unterdrückt und ausgebeutet hatte.

Privatinvestitionen fehlen

Allerdings sind die Rahmenbedingungen für den Aufbau eines neuen Staates denkbar ungünstig: Noch vor zehn Jahren war zum Beispiel die Hauptstadt Juba einer der unwirtlichsten Orte der Welt und wenig mehr als eine Ansammlung von Lehmhütten und Schotterpisten. Im gesamten Südsudan gab es damals ganze vier Kilometer geteerte Straße – in einem Gebiet von der zweifachen Größe Deutschlands.

Nach einem kurzen Aufschwung zu Anfang stagniert die Lage nun. So hat es in der ganzen Region nur eine einzige größere Privatinvestition gegeben: Der südafrikanische Biergigant SAB Miller steckte vor vier Jahren rund 45 Millionen US-Dollar in eine neue Brauerei. In vielerlei Hinsicht endet der neue Südsudan gleich hinter dem modernen Regierungsviertel im Herzen der Stadt. Fast alles Geld ist in den Aufbau der Hauptstadt geflossen – und der Rest des Landes darüber vergessen worden. Diese Enttäuschung entlädt sich nun gewaltsam und entlang ethnischer Linien.

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