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Politik: Bürgermeister-Wahl: PDS bringt Gysi in Berlin in Stellung

Die Berliner Parteienlandschaft gerät schon vier Jahre vor dem nächsten Wahlkampf in Bewegung. Eine starke Basis-Strömung der SPD ist auf das Ende der Großen Koalition 2004 aus.

Die Berliner Parteienlandschaft gerät schon vier Jahre vor dem nächsten Wahlkampf in Bewegung. Eine starke Basis-Strömung der SPD ist auf das Ende der Großen Koalition 2004 aus. In der CDU gibt es Gedankenspiele für einen schwarz-grünen Senat - mit oder ohne Eberhard Diepgen. Und die PDS geht in die Offensive, indem sie ihren scheidenden Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi als Spitzenkandidaten gegen Diepgen in Stellung bringt. Offiziell wiegelt sie allerdings ab. In seinem Sommerhaus im märkischen Buckow soll Gysi auf die Idee "amüsiert und verwundert" reagiert haben, so sein Pressesprecher Rainer Oschmann: "Das Gerücht dient allenfalls dazu, das Sommerloch, das in diesem Jahr besonders üppig ausfällt, spekulativ zu füllen."

Ein richtiges Dementi ist das nicht. Wenn Oschmann sagt, "Gysis Lebensplanung sieht anders aus", fügt Parteisprecher Hanno Harnisch fix hinzu: "im Moment!" Niemand in der PDS dementiert den Sinn der Übung, dass man mit der Gysi-Frage die SPD zu Debatten über ein mögliches Senatsbündnis herausfordern will. Oschmann wie Harnisch versichern im Gegenteil, dass Gysi diese Debatte über die Ablösung der Großen Koalition zu Gunsten einer Zusammenarbeit von SPD und PDS für richtig und wichtig halte.

Für Personaldiskussionen sei es zu früh, sagt Oschmann, gerät aber ins Schwärmen: "Eine Metropole wie Berlin braucht einen gebildeten, sensiblen, urbanen und streitbaren Mann vom Schlage Gysis, der überdies Humor und Selbstironie mitbringt." Doch was heißt: Ambitionen auf das Amt des Regierenden Bürgermeisters? Gysi sei sich über seine eigenen Optionen noch nicht klar: Anwalt, Publizist, Politiker, wer weiß. Harnisch sagt klipp und klar: "Ich finde die Spitzenkandidatur Gysis einen sehr interessanten Gedanken. Er könnte doch prima für eine oder zwei Wahlperioden die Geschicke der Stadt lenken."

Die SPD wird davon in tiefer Sommerstille erwischt, Parteichef Peter Strieder urlaubt in Amerika. Fraktionschef Klaus Wowereit wehrt ab: "Ein Gag aus der Sommerpause, die PDS hat gar keine Chancen, den Regierenden Bürgermeister zu stellen." So äußert sich auch SPD-Landesgeschäftsführer Ralf Wieland: "Wir wollen stärkste Fraktion werden, die SPD muss über 30 Prozent holen, sonst brauchen wir über Optionen gar nicht nachzudenken." Wowereit legt sich auf gar nichts fest, auch nicht auf das Ende der Großen Koalition: "Meine Traumkombination wäre Rot-Grün", aber "letztlich wird nach Wahlergebnissen entschieden." Selbst Schwarz-Grün fände er "nicht tragisch, wenn die Wähler so entschieden, obwohl es nicht schön ist auf den harten Bänken der Opposition".

Mit ersten Podiumsdiskussionen hat die SPD signalisiert, dass es für sie keine Tabuisierung der PDS mehr gibt. Man werde weiter Gespräche über Sachfragen führen, um zu sehen, wo es Konsens oder Kompromissfähigkeit gebe, heißt es. Aber Wowereit ist klar: "Die Voraussetzungen für die Bündnisfähigkeit der PDS sind noch nicht erfüllt." Er nennt Gysi als Kronzeugen dafür, dass die PDS noch viel aufzuarbeiten habe. Gysi selbst habe ja das Schuldbekenntnis wegen der Unrechtstaten der DDR und ihrer Opfer verlangt. Man müsse die Entwicklung der PDS "nach dem Abtreten ihrer Galionsfiguren Lothar Bisky und Gregor Gysi abwarten".

Der Berliner PDS-Fraktionschef Harald Wolf kontert: "Wir wollen den Regierungswechsel mit der SPD. Aber die SPD muss ihre sachlichen Vorstellungen äußern." Die Person Gysi lässt Wolf fürs erste beiseite: "Er gefällt mir für fast jedes politische Amt, aber im Moment steht das nicht an, und herauskommen kann 2003/04 ein anderer Spitzenkandidat. Der reale politische Kern ist doch nur, wie eine Erneuerung der Berliner Politik, ein reformpolitischer Aufbruch aussehen könnte". Schwarz-Grün sei allemal schwieriger zu erreichen als Rot-Rot.

Bei der SPD ist man allenfalls am Anfang einer Strategiediskussion. Rot-Grün, Rot-Rot, Schwarz-Grün, unter Umständen CDU/FDP - alles sei möglich. Nur bei Rot-Grün-Rot "gingen vermutlich die Grünen strategisch unter", heißt es. Vielleicht sieht man nach der Bundestagswahl 2002 den passenden Trend klarer. Bei der Abgeordnetenhaus-Wahl am 10. Oktober 1999 holten die CDU 40,8 Prozent, die SPD 22,4, die PDS 14,7 und die Grünen 9,9 Prozent.

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