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Özdemir Ratzmann

© ddp

Bütikofer-Nachfolge: Die Jagd nach dem Grünen-Parteivorsitz

Das Rennen um den Parteivorsitz ist eröffnet: Ein Jahr vor der Bundestagswahl leisten sich die Grünen einen aufwendigen internen Machtkampf. Gleich nach der Sommerpause wollen Cem Özdemir und Volker Ratzmann gemeinsam die Republik bereisen - ohne gegenseitige Fouls, aber mit dem gleichen Ziel: eines der zwei Chefzimmer in der Berliner Parteizentrale.

Erst drei Monate, nachdem Parteichef Reinhard Bütikofer Anfang März seinen Rückzug von der Grünen-Spitze angekündigt hatte, begann sich das Personalkarussel im Reformerflügel zu drehen. Beim Parteitag Mitte November in Erfurt treten nun der Europaabgeordnete Cem Özdemir und der Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus Volker Ratzmann gegeneinander an - die Wiederwahl von Claudia Roth als Kandidatin des linken Flügels für die Doppelspitze gilt als sicher.

Zwei Kandidaten, zwei Profile

Unterschiedlich sind Özdemir (42) und Ratzmann (48) durchaus: hier der türkischstämmig-schwäbische gelernte Sozialpädagoge - dort der Berliner Anwalt mit linker Sozialisation. Nach dem vorläufigen Ende seiner bundespolitischen Laufbahn wegen einer Bonusmeilen-Affäre wurde Özdemir außenpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament - Ratzmann hingegen machte sich als zielstrebiger Pragmatiker in Berlin, als Rechts- und Innenpolitiker einen Namen, ohne bundesweit stark auszustrahlen. Özdemir gilt als lockerer, Ratzmann als ernster, im persönlichen Gespräch können beide gut für sich werben.

Inhaltlich legt Özdemir neben der Ökologie einen Schwerpunkt auf Bildung. "Gerade die Schulen in manchen Stadtteilen müssen besser werden, damit die Familien dort auch wohnen bleiben", sagt er. "Wir müssen uns auch um die Mittelschicht kümmern, weil hier viele unserer Wähler sind." Die Grünen verlangten der Mittelschicht im Gegenzug auch einiges ab. Auch Ratzmann nennt Ökologie und Bildung an erster Stelle. Er betont zudem: "Wir haben ein Gerechtigkeitsproblem in unseren sozialen Sicherungssystemen. Die Anforderungen, die Hartz IV zum Teil an einzelne stellt, greift die Menschenwürde an. Das müssen wir ändern."

Beide sind sich einig: Schwarz-Grün geht nicht

Beide müssen sich fragen lassen, wie sie die Grünen im Fünf- Parteien-System positionieren wollen. "Den sicheren Koalitionspartner SPD gibt es nicht mehr", sagt Ratzmann im Einklang mit jüngsten Parteibeschlüssen. "Über Jamaika brauchen wir gar nicht erst zu reden", meint er, also über ein mögliches Bündnis mit Union und FDP, "und Schwarz-Grün geht mit einer Atom-CDU gar nicht". Auch Özdemir betont: "Die schwarz-grüne Option halte ich derzeit für wenig wahrscheinlich, weil die Union sich nur noch als verlängerter Arm der Atomlobby präsentiert und die FDP 2009 sehr billig zu haben sein wird." Beide wollen mehr Eigenprofil und Reformschub für die Grünen.

Mögliche Vorbehalte parieren die Kandidaten ohne Zögern. Zur Frage, ob er in Brüssel vielleicht zu weit vom Schuss war, sagt Özdemir: "Vier Jahre in der Europapolitik gewesen zu sein, kann ein Vorteil sein. Zumindest drücke ich mich nicht in der Sprache von Partei-Resolutionen aus." Ratzmann wird immer wieder vorgehalten, ein politischer Ziehsohn der Chefin der Bundestagsfraktion zu sein, mit der er in derselben Anwaltskanzlei arbeitet. "Ich verstehe nicht, was in mein Verhältnis zu Renate Künast hinein geheimnist wird", meint er. "Warum soll es schlecht sein, wenn ich mich mit ihr gut verstehe? Politisch habe ich meinen eigenen Kopf."

Ein grüner Insider hofft, dass die Landesverbände auch Claudia Roth zu den anstehenden Vorstellungsrunden einladen. "Dann kommt etwas mehr Debatte rein." Manche in der Partei fürchten, dass sich das Rennen bis zum Parteitag noch zu einem echten Showdown hochschaukelt - und die ebenfalls in Erfurt geplante Kür der Grünen-Spitzenkandidaten Künast und Jürgen Trittin für die Bundestagswahl 2009 überlagert. (sba/dpa)

Basil Wegener[dpa]

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