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Bulgarien: Karriere mit falschem Titel aus Berlin

Hohe bulgarische Beamtin legt manipulierte Hochschul-Urkunde vor.

Alles begann Anfang Oktober mit dem Anruf eines empörten Hörers beim Bulgarischen Nationalen Radio. Wie Landwirtschaftsminister Miroslav Naidenov behaupten könne, seine Spitzenbeamtin Kalina Ilieva sei krank, wo diese doch schwanger sei und kurz vor der Entbindung stehe, wollte Ivan Iliev wissen. Er ist Chef der Sofioter Feuerwehr und Vater der angeblich erkrankten Direktorin des staatlichen Fonds „Landwirtschaft“. Der Fonds ist für die Verteilung der Bulgariens Bauern zustehenden EU-Fördermittel zuständig, verwaltet hunderte Millionen Euro. Naidenov zeigte sich bestürzt: „Ich wusste nicht, dass Ilieva schwanger ist, sie hat mir ein Krankheitsattest vorgelegt.“

Warum hat Kalina Ilieva ihrem Dienstherrn ihre Schwangerschaft verschwiegen und behauptet, krank zu sein? Diese Frage beschäftigte in den folgenden Tagen viele Kommentatoren. Wegen der Täuschung enthob Naidenov Ilieva ihres Postens. Wenige Tage später publizierte ein Boulevardblatt den Verdacht, die von Illieva vorgelegte Master-Urkunde in „Internationalen Wirtschaftsbeziehungen und Kommunikation“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) könne gefälscht sein. Dies hat sich nun bestätigt.

HTW-Pressesprecherin Gisela Hüttinger sagte auf Anfrage, dass man eine Faxkopie der Urkunde von Ilieva erhalten, geprüft und festgestellt habe, „dass die Unterschrift des Präsidenten und das Siegel auf der Urkunde gefälscht sind“. Hüttinger: „Frau Ilieva hat bei uns keinen Abschluss gemacht. Wir wissen nicht, wer die Fälschung begangen hat, haben aber bei der Berliner Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.“ Einen solchen Fall habe es an der HTW noch nicht gegeben.

Als die Mitte-rechts-Regierung von Premier Boiko Borissov im August 2009 Ilieva zur Direktorin des Landwirtschaftsfonds berief, fragten Skeptiker, ob die 29-Jährige die nötige Erfahrung zur Ausübung des Amtes habe. „Wir suchten junge Leute, die nicht mit den Korruptionsfällen der letzten Jahre verbunden waren, sondern bereits gut mit der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf zusammengearbeitet haben. Ilieva hatte vorzügliche Referenzen von Olaf, deshalb haben wir sie eingestellt“, rechtfertigte sich Regierungschef Borissov am Mittwoch. „Ilieva hat uns brillant getäuscht.“ Zunächst beruhigte Naidenov die Bauern, bewilligte Förderprojekte würden nicht infrage gestellt. Er hält es aber für möglich, dass die EU-Kommission die Tätigkeit des Fonds während Ilievas Amtszeit überprüfen könnte. Auch fürchtet er, dass Bauern nun die Ablehnung von Förderanträgen gerichtlich anfechten könnten.

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