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Bund der Vertriebenen: Konzentrierter als gewöhnlich

Die Kanzlerin tritt beim Bund der Vertriebenen auf. Erika Steinbach lobt Angela Merkel, der FDP-Abgeordnete Otto übt Kritik.

Von Robert Birnbaum

Angela Merkel zieht die Mundwinkel nach unten. Mit einigem hat sie gerechnet bei diesem Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen (BdV) im Berliner Opernpalais. Aber damit, dass der Preisträger die Rüge übernimmt – damit nicht. Der Preisträger, dem Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach die Wenzel- Jaksch-Medaille für Verdienste um die Sache der Vertriebenen überreicht hat, ist der FDP-Abgeordnete Hans-Joachim Otto. Aus Ottos Dankesrede sticht ein Satz hervor: „Von einer Bundesregierung erwarte ich, dass sie unberechtigte Kritik an Frau Steinbach aus dem Ausland zurückweist!“ Unter den Kronleuchtern im Prinzessinnen-Saal brandet Beifall auf. Alle wissen, wer gemeint ist.

Steinbach hat vorher kein böses Wort verloren, im Gegenteil. Sie nimmt „die Bundeskanzlerin unseres Vaterlandes“ gegen Vorwürfe in Schutz, kein Herz für die Vertriebenen zu haben. „In der Bergpredigt heißt es: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“, sagt Steinbach. Von hinten schallt ein „Bravo“-Ruf. Der könnte sarkastisch gemeint sein. Merkel war Steinbach eben nicht zur Seite gesprungen, als Proteste aus Polen und Widerstand der SPD den Beschluss des BdV torpedierten, seine Chefin in den Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ zu entsenden. Steinbach überhört den Zwischenruf. Merkels Auftritt hier sei keine „Klientelbetreuungsaktion“, versichert sie. Merkel sei schließlich schon zum dritten Mal bei dem Empfang am Vorabend der Jahrestagung des BdV – anders als alle Bundeskanzler vor ihr, die nie kamen. In Warschau – „in Warschau!!!“ – habe Merkel 2006 das Recht der Vertriebenen auf würdiges Gedenken angesprochen. Und Merkel sei es zu verdanken, wenn die Stiftung zu einer Zeit verwirklicht werde, in der die „Erlebnisgeneration“ noch dabei sein könne.

Das Lob für die CDU-Chefin wird freundlich beklatscht. Wer bei Steinbach einen Hinweis darauf sucht, dass sie insgeheim doch etwas enttäuscht sein könnte, fände ihn allenfalls darin, dass sie tagelang geschwiegen und Merkel der Kritik voll ausgesetzt gelassen hat. Auch von Verständnis für die verzwickte Lage der Kanzlerin zwischen Polen, der SPD und der eigenen Partei redet sie nicht.

Um dieses Verständnis wirbt dafür Merkel selbst. „Ich bin nicht zum ersten Mal hier“, sagt sie, „ich hoffe, auch nicht zum letzten Mal!“ Sie ist konzentrierter als gewöhnlich. Sie würdigt den Beitrag der Vertriebenen für den Aufbau der Republik und für Versöhnung. Sie betont, dass es „außerordentlich schwierig, ich sage unmöglich“ gewesen wäre, auf Steinbach als Mitglied des Beirats zu beharren, ohne das Projekt zu gefährden. Und sie sagt den Satz, den hier viele längst von ihr erwartet hatten: „Es sind Angriffe getan worden, die jeder Grundlage entbehrten.“ Starker Beifall, erst recht, als Merkel das Recht des BdV bekräftigt, drei Sitze im Stiftungsbeirat zu besetzen. Das Recht will sich der Vertriebenenbund auch nicht nehmen lassen. Dass ihr Sitz jetzt leer bleibe, hat Steinbach vorher schon betont, bedeute keinen Verzicht: „Wir behalten uns jederzeit vor, eine Wiederbenennung auf den jetzt freien Stuhl vorzunehmen!“

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