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Stimmt die Steuerverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen?

© Jens Wolf/dpa

Bund-Länder-Finanzen: Durcheinander im Überschuss

Mit 87 Milliarden Euro unterstützt der Bund in der laufenden Wahlperiode die Länder und Kommunen. Trotzdem macht er Überschüsse. Stimmt da die Steuerverteilung im Bundesstaat noch? Ein Kommentar

Die einen halten sie für Diebe, die anderen für Bettler. Sie selber sagen, sie müssten eben tun, was zu tun ist. Die Ministerpräsidenten der Länder und die ganze Schweif der Landespolitiker dahinter stehen im Ruf, dass ihnen das Steuergeld in ihren Haushalten nicht reicht. Dass sie immer mehr brauchen. Weshalb sie ständig in Berlin auf der Matte stehen, um irgendwie an Mittel aus dem Bundesetat zu kommen. Oder um Aufgaben abzutreten, die viel Geld kosten. Die Kommunalverbände sind da auch sehr erfahren. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble beklagt das gern und häufig. Andererseits werden vor allem die Abgeordneten im Bundestag nicht müde, die monumentale Unterstützung für Länder und Kommunen aus der Berliner Kasse hervorzuheben. In den Wahlkreisen kommt es ja auch gut an, wenn plötzlich der Bund sich für das Sanieren von Schultoiletten zuständig fühlt. Gleichzeitig aber warnen vor allem die Haushaltspolitiker im Bundestag gern mit großer Eindringlichkeit davor, dass der Bund nicht überlastet werden dürfe.

Doch was sagen die Zahlen? In der laufenden Wahlperiode, also seit 2014, hat der Bund die Länder und Kommunen um insgesamt gut 87 Milliarden Euro entlastet. Das sind also etwa 22 Milliarden pro Jahresetat. Ein Gutteil davon, etwa 15 Milliarden, entfällt auf den Sonderfall der Flüchtlingskosten. Aber auch eine Summe von 72 Milliarden Euro ist erklecklich. Darunter findet sich die Erstattung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, der größte Batzen mit knapp 25 Milliarden Euro. Dann gibt es eine Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft mit fünf Milliarden Euro. Das Bafög zahlt der Bund mittlerweile alleine. Der Hochschulpakt kostet knapp zehn Milliarden Euro. Kinderbetreuung schlägt ,mit vier Milliarden zu Buche. Und insgesamt zehn Milliarden sind direkt für Kommunen vorgesehen, der Großteil davon für finanzschwache Städte und Gemeinden. Es geht quer durch den Gemüsegarten.

Verschleierter Überschuss

Doch siehe da: Einen Überschuss hat der Bund in all den Jahren trotzdem eingefahren. Im vorigen Jahr waren es 6,2 Milliarden Euro, wobei Schäuble dieses Plus mittels eines erst im Januar beschlossenen Nachtragshaushalts deutlich nach unten drückte. Man könnte auch sagen, da wurde ein bisschen verschleiert. Die zusätzlichen Ausgaben von 3,5 Milliarden gehen an die Kommunen, verteilt über die Länder. Deren Überschuss lag bei 8,8 Milliarden Euro. Ohne die vielfältigen Zuflüsse aus dem Bundesetat freilich, also aus eigener Kraft, hätten die Länder wohl kein Plus ausgewiesen. Ohne diese ganzen Mitfinanzierungen von Länder- und Kommunalaufgaben wiederum wäre der Bundesüberschuss noch um einige Milliarden höher.

Was zu einer simplen Frage führt: Stimmt da eigentlich die Steuerverteilung zwischen Bund, Kommunen und Ländern noch? Offenbar hat der Bund deutlich mehr Mittel in seinem Haushalt, als er zur Erfüllung seiner Aufgaben eigentlich braucht. Daher finanziert er Länder- und Kommunalaufgaben mit, legt Investitionsprogramme auf, drückt beträchtliche Mittel in die Universitäten. Ob das alles immer sinnvoll ist, ob Länder und Kommunen das Geld so verwenden, wie man es in Berlin gern hätte, daran gibt es Zweifel. Weshalb der Bundesrechnungshof nun auch bei den Ländern die Prüfernase hineinstecken soll, weil man in Berlin den Landesrechnungshöfen nicht so recht traut. Wobei - das sei angemerkt, weil daraus das latent Absurde der Entwicklung deutlich wird - der Bundesrechnungshof seit Jahren vor der Zunahme der Bund-Länder-Mischfinanzierungen warnt. Denn er hält diese für wenig wirtschaftlich, wenig effizient, wenig transparent. Schäuble, das muss man ihm anrechnen, gehört im Bund zu denen, die das auch kritisch sehen.

Unterfinanzierung bei Ländern und Kommunen

Die Überschüsse des Bundes in den vergangenen Jahren korrespondieren offenkundig mit einer latenten Unterfinanzierung der Landes- und Kommunalhaushalte. Ausgeglichen wird das aber nicht durch eine andere Steuerverteilung, wie man erwarten könnte, sondern durch die Rückkehr zum Durcheinander des kooperativen Föderalismus. Dem Steuerzahler sollte es allerdings nicht gleichgültig sein, wie das Geld im Gesamtstaat verteilt wird. Denn das ständige Gezerre zwischen den Ebenen ist ein teurer Prozess. Das Verschwimmen von Zuständigkeiten zieht immer auch Verantwortungsschlamperei nach sich. Im Ergebnis zeigen dann alle mit dem Finger auf alle. Plötzlich zahlt dann der Bund für marode Schultoiletten, und manche halten das sogar für einen Fortschritt.

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